Von der Tragödie zur Farce
In China boomt die Film- und Fernsehindustrie. Alleine im letzten Jahr bewilligten Chinas Behörden die Produktion von über 300 neue Fernsehserien. Dabei fällt auf, dass über die Hälfte der Serien im Zusammenhang mit dem sino-japanischen Krieg zwischen 1937 und 1945, dem blutigsten Kapitel der beiden Nachbarländer.
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Der Boom Anti-japanischer-Filme hält seit Jahren an (Asienspiegel berichtete), der böse japanische Soldat ist zur abendlichen Fernsehunterhaltung geworden. Nun scheint aber selbst der chinesische Regierung die ganze Entwicklung in die falsche Richtung zu gehen, wie das Parteiblatt People’s Daily berichtet.
Denn seit einiger Zeit häufen sich die Klagen in Chinas sozialen Netzwerken. Die Handlungen der Kriegsserien seien überzeichnet und die chinesischen Helden überstilisiert, fernab jeglicher Realität.
Viel kritisierte Szenen
Ein chinesischer Kungfu-Meister durchbohrt mit blossen Händen die Brust eines japanischen Soldaten, heroische Chinesischen spalten die Japaner entzwei, eine Chinesin, die kurz vor einer Massenvergewaltigung durch japanische Soldaten steht, springt magisch in die Luft und tötet gleich alle Aggressoren.
Es sind solche Szenen, die zu Kontroversen führen. «Hier wird eine Tragödie zur Farce und alle japanischen Soldaten zu Idioten gemacht», erklärt Liu Chun, eine ehemaliger Fernsehdirektor der China Daily.
Die Reaktion der Regierung
Auch die Regierung in Beijing fürchtet, dass mit dieser Entwicklung eine historische Thematik, an deren Vermittlung sie sehr wohl ein Interesse hat, der Lächerlichkeit preisgegeben wird, mit einem womöglich unerwünschten Einfluss auf die Gesellschaft.
Nun haben die Zensurbehörden damit begonnen, die Fernsehstationen aufzuforden, die bewilligten Kriegsserien nachzukontrollieren und «zu bereinigen». Überdramatisierte Serien würden von der Hauptsendezeit verbannt, berichtet die People’s Daily.
Einfache Bewilligung
Diese Entwicklung von überstilisierten Kriegsfilmen hat jedoch viel mit den Behörden selbst zu tun. Ihre strenge Kontrolle über die Branche hat dazu geführt, dass Filme und Serien mit anti-japanischem Inhalt vergleichsweise einfach eine Sendebewilligung erhalten. So liegt es auf der Hand, dass das Kriegsthema für alle nur erdenklichen Genres hinhalten muss.
«Wir dürfen keine Geschichten über Geliebte, aussereheliche Affären, soziale Konflikte bringen. Ja, selbst Kämpfe über Grundeigentum sind tabu», erklärt ein chinesischer Filmproduzent der Financial Times das derzeitige Dilemma der Branche.
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