Eine Chefin für Tokio?
Anfang April wählt Tokio seinen Gouverneur. Es handelt sich um die wichtigste Regionalwahl Japans, entsprechend begehrt ist das Amt. Doch dieses Jahr lassen sich die potentiellen Kandidaten mehr Zeit als üblich. Denn bislang will niemand seine offizielle Kandidatur für die Wahlen bekanntgeben.
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Der 78-jährige Shintaro Ishihara leitet seit 1998 die Geschicke der Hauptstadt. Der Schriftsteller und ehemalige Preisträger des renommierten Akutagawa-Literaturpreises gilt als provokativ, direkt und schonungslos (Asienspiegel berichtete).
Obwohl unabhängig, weiss Ishihara mit seiner konservativen Politik einen Grossteil der ehemaligen Regierungspartei der Liberaldemokraten (LDP) hinter sich. Noch lässt er jedoch offen, ob er noch einmal antreten wird. Bis zum 24. März hat er Zeit, um sich zu entscheiden. Dann beginnt der 17-tätige offizielle Wahlkampf.
Ein Komiker für Tokio
Nur schon aus diesem Grund ist das diesjährige Rennen um den Gouverneurssitz so offen wie seit Jahren nicht mehr. Gleich vier etablierte Kandidaten werden als mögliche Herausforderer des alten Polithasen Ishihara genannt. So könnten es so gestandene Männer wie Yoichi Masuzoe von der Renaissance Partei oder Vize-Gouverneur Naoki Inose versuchen, zu den neuen Vorstehern der Metropole zu werden.
Für mehr Aufmerksamkeit wird zweifellos der ehemalige Gouverneur der Präfektur Miyazaki, Hideo Higashikokubaru, sorgen. Der frühere Komiker an der Seite von Takeshi Kitano will zurück in die Hauptstadt. «Die Entscheidung, ob ich als Kandidat für die Gouverneurswahlen von Tokio antreten werde, ist zu 90 Prozent gefallen», sagte Higashikokubaru am 20. Januar 2011 gegenüber seinen Anhängern (Asienspiegel berichtete).
Ob er kandidieren wird, bleibt offen. Die Asahi Shimbun meint über anonyme Quellen zu wissen, dass der ehemalige Komiker bereits an einem Regierungsprogramm arbeitet. Gleichzeitig spekuliert Higashikokubaru mit vorzeitigen Neuwahlen fürs japanische Unterhaus.
Ishiharas grösste Konkurrenz
Für die meisten Spekulationen sorgt aber eine ganz andere Person. So brachte sich Renho Murata, die Ministerin für Verwaltungsreformen in der aktuellen Regierung unter Naoto Kan und Mitglied des Oberhauses für die Demokratische Partei (DPJ), vor einem Monat gleich selbst ins Spiel: «Sollte ich für den Posten angefragt werden, habe ich als Politikerin die Pflicht, mir eine Kandidatur gut zu überlegen», wurde Renho in der Yomiuri Shimbun zitiert. Noch im Oktober hatte sie eine Gouverneurskandidatur abgelehnt.
Für die Demokratische Partei wäre Renho die Chance, um auch in der Hauptstadt Fuss zu fassen. Ihre Chancen für eine Wahl zur Gouverneurin wären hoch. Sie ist der neue Politstar Japans (Asienspiegel berichtete).Die Politikerin mit taiwanischen Wurzeln geniesst gerade in urbanen Gebieten viel Unterstützung. Bei den Oberhauswahlen im Juli 2010 erhielt Renho von ihrem Tokioter Wahlkreis 1,7 Millionen Stimmen. Es war ein historischer Erfolg für die aufstrebende Politikerin (Asienspiegel berichtete).
Ishihara will DPJ-Erfolg verhindern
«Wenn Renho kandidiert wird es schwierig», gibt selbst eine Quelle der LDP gegenüber der Asahi Shimbun zu. Renho sei auch der Grund, weshalb es sich Ishihara überhaupt noch einmal überlege, für eine 4. Amtszeit zu kandidieren. Ursprünglich wollte der Gouverneur nach 12 Jahren aufhören, doch der unabhängige Politiker will auf jeden Fall einen Erfolg für die DPJ verhindern.
Die LDP hat zusammen mit der New Komeito eine Mehrheit im Tokioter Präfekturparlament. Mit Ishihara hätte sie einen Kandidaten, der ihre Politik unterstützen würde. Noch hält sich der Gouverneur verdeckt. Er würde nicht einmal auf Anfrage des Kaisers seine Absicht kundtun, sagte er in einem Fernsehinterview. Ein Abgeordnete im Tokioter Parlament meint diesbezüglich: «Ishihara wird nur antreten, wenn er reelle Chancen sieht, wiedergewählt zu werden.»
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