Taiwans erste Präsidentin?
Letzte Woche gab Taiwans Oppositionspartei DPP ihre offizielle Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen im Januar bekannt. Die Parteivorsitzende Tsai Ing-wen konnte sich in der Vorwahl knapp gegen den ehemaligen Premierminister Su Tseng-chang durchsetzen. Sie ist damit die erste Frau, die fürs Präsidentschaftsamt kandidiert.
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Tsai übernahm die Führung der Partei vor rund 3 Jahren, nachdem die DPP wegen Korruptionsskandalen um Präsident Chen Shubian sowie schlechten Wahlergebnissen am Boden lag. Um nichts dem Zufall zu überlassen, beauftragte die DPP Ende April fünf Meinungsinstitute, die während zwei Tagen Taiwans Wähler befragten. Tsai führte im Ergebnis mit rund einem Prozent Vorsprung gegenüber dem ehemaligen Premierminister Su Tseng-chang, berichtete die taiwanische Nachrichtenagentur CNA.
Kontroverse um sexuelle Orientierung
Vor der Telefonumfrage forderte der ehemalige DPP-Vorsitzende und bekannte Demokratieaktivist Shi Ming-teh die ledige Tsai auf ihre sexuelle Orientierung bekannt zu geben (Asienspiegel berichtete). Tsai weigerte sich Shis Frage zu beantworten und sagte, sie wolle sich nicht zur Komplizin der sexuellen Unterdrückung machen.
Anstatt ihr zu schaden, hätten Shis Vorwürfe ihr wohl eher genützt, fanden einige TV-Kommentatoren. Insbesondere bei jungen Taiwanern und ledigen Frauen hätte Tsais Reaktion ihr womöglich zu Sympathiepunkten verholfen. Die 54-jährige konnte sich auch als umweltfreundliche Politikerin präsentieren. So setzte sie sich gegen den Bau eines umstrittenen Petrochemiewerks in Mitteltaiwan ein und verkündete, dass Taiwan bis 2025 ein atomstrom-freies Land werden solle, so die taiwanische Tageszeitung The Liberty Times.
China-Politik entscheidend
Am meisten unterscheidet sich die DPP gegenüber der Regierungspartei Kuomintang (KMT) aber in ihrem kritischen Umgang mit Festlandchina. Unter Präsident Ma Ying-jeou haben sich Taiwans Beziehungen zu Festlandchina merklich verbessert. So kam ein Handelsabkommen zwischen beiden Seiten der Taiwanstrasse zustande, in dem Zölle abgebaut und Investionen erleichtert werden. Ausserdem sorgen chinesische Besucher für einen Boom in der taiwanischen Tourismusindustrie.
Doch vor allem in Taiwans Süden, der als DPP-Hochburg gilt, sieht man die engeren Beziehungen zum grossen Nachbar skeptisch und hofft auf ein Ende von Mas Amtszeit. Tsai Ing-wens Partei wirft dem Präsidenten vor, mit seinem china-freundlichen Kurs Taiwans Souveränität zu opfern. Die Opposition verweist unter anderem auf die 1500 Raketen, die die Volksrepublik auf Taiwan gerichtet hat. China sieht die Insel als abtrünnige Provinz, die es wenn nötig mit militärischer Gewalt von einer formellen Unabhängigkeitserklärung abhalten will.
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