Die neue Art des Ausländerkomplexes
Das japanische Wort «Gaijin Komupurekkusu» (zu Deutsch Ausländerkomplex) stammt aus einer Zeit, als sich Japan von der selbst gewählten Isolation löste und sich zu modernisieren begann. In der Meiji-Zeit (1868−1912) ging es in erster Linie darum, der westlichen Zivilisation nachzueifern und deren imperialistische Politik zu kopieren. Der Westen wurde als überlegen angesehen und entsprechend machte sich unter vielen Japanern ein Gefühl der Unterlegenheit breit.
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In der Showa-Zeit (1926−1989) angekommen, wendete sich das Blatt. Japan war selbst zu einer imperialistischen Macht geworden. Ein Gefühl der Stärke und Arroganz wich dem Ausländerkomplex gegenüber dem Westen. Nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg schlich sich mit der Schmach der amerikanischen Besatzung wiederum ein «Gaijin Komupurekkusu» unter den Japanern ein.
Heute wirkt der Begriff veraltet, wenn nicht lächerlich. Gleichzeitig hat sich jedoch eine neue Art des Ausländerkomplexes eingenistet, auf Japanisch «Shingata Gaijin Komupurekkusu» genannt. Doch davon ist nicht der Japaner selbst betroffen, sondern der Westler, der seit vielen Jahren in Japan wohnhaft ist, fliessend Japanisch spricht und trotzdem von den Japanern dauernd auf Englisch angesprochen und als Tourist behandelt wird. Gemeint ist die ständige Spezialbehandlung der westlichen Mitbürger im guten wie im schlechten Sinne. Es ist der Komplex des Ausländers nie wirklich zur japanischen Gesellschaft gehören zu dürfen, auch wenn man noch so gut integriert sein mag.
Gereizte Reaktion
Während viele Westler mit dieser Tatsache gut umgehen können, gibt es in Japan auch die Westler, welche die Spezialbehandlung nach Jahren der eigenen Integrations-, ja gar Assimilationsbemühungen in den falschen Hals bekommen. Oft reagieren sie gereizt oder ziehen sich mit einem inneren Groll zurück. Andere beginnen die Japaner darin zu unterrichten, was der Unterschied zwischen den Neuankömmlingen und den Alteingesessenen aus dem Westen ist. Diese Leute leiden unter der neuen Art des Ausländerkomplexes. So ändern sich die Zeiten.
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