Der gefährliche Betelnuss-Rausch
Die Betelnuss ist in Taiwan allgegenwärtig. Eingepackt in grüne Blätter wird sie an Ständen verkauft, oft von leichtbekleideten Frauen in Glaskabinen. Beliebt ist die Nuss vor allem bei Lastwagenfahrern und Bauarbeitern. Sie hält den Geist wach, wenn der Körper schon müde ist.
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Taiwans Amt für Gesundheitsförderung will der beliebten Nuss den Gar ausmachen. Man setzte sich ein für einen Betelnuss-freien Arbeitsplatz, zitiert die Nachrichtenagentur CNA das Amt. Denn regelmässiges Kauen sorgt bei den Konsumenten nicht nur für mehr Speichel, der zusammen mit dem roten Saft ausgespuckt wird, sondern auch für gesundheitliche Nebenwirkungen: Neben gelben Zähnen und schlechtem Atem kann die Nuss auch Mundhöhlenkrebs verursachen. Damit werden in Taiwan pro Jahr rund 6000 Menschen diagnostiziert, so CNA. Mundhöhlenkrebs war im vergangenen Jahr Taiwans fünfttödlichste Krebsart.
Höchste Zeit also die Allgemeinheit auf die Gefahren aufmerksam zu machen: Zusammen mit Transportunternehmen führt das Amt für Gesundheitsförderung Aufklärungskampagnen durch. Zwei von Taiwans grössten Logistikfirmen wurden unlängst für ihre Verdienste ausgezeichnet, nachdem sie sich dafür einsetzten, ihre Angestellte davon abzubringen, Betelnüsse zu kauen.
Sinkender Konsum
Das Unternehmen Kerry TJ Logistics, für das über 3000 Lastwagenfahrer arbeiten, produzierte dazu ein Video, mit dem es die Angestellten vor den Gesundheitsrisiken warnt. Offenbar mit Erfolg: 2007 hätten knapp ein Viertel der Fahrer Betelnüsse konsumiert, während es im letzten Jahr noch knapp acht Prozent waren. Eine weitere Transportfirma hat die Anzahl der Fahrstunden angepasst, nachdem sie in einer internen Umfrage herausgefunden hatte, dass ihre Fahrer die Nuss kauten, um am Steuer wach zu bleiben.
Ob es der alleinige Verdienst der Firmen war, ist jedoch fraglich: Denn in derselben Zeit hat auch der betelnusskauende Anteil in der Bevölkerung deutlich abgenommen. Während vor fünf Jahren rund 17 Prozent der taiwanischen Männer regelmässig Betelnuss kauten, waren es im letzten Jahr noch gut 11 Prozent.
Betelnuss Teil der taiwanischen Kultur
Dennoch ist der Anbau und Verkauf der Betelnuss in Taiwan weiterhin ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und ein Teil der lokalen Kultur: Verkauft werden die Betelnüsse entweder in kleinen Shops oder – und das ist die bekanntere Variante – von sogenannten «Betelnuss-Schönheiten». Die meist jungen und spärlich bekleideten Frauen bieten in durchsichtigen Plexiglaskabinen der Strasse entlang ihre Waren feil. Von Frauenrechts- und Gesundheitsorganisationen scharf kritisiert, erfreuen sich die Verkäuferinnen bei vielen männlichen Fahrern grosser Beliebtheit und sind längst Teil der taiwanischen Alltagskultur.
Als ein Landkreis im Norden der Insel im vergangenen Jahr vorschlug, auf einer Messe in Festlandchina Betelnüsse inklusive attraktiven Verkäuferinnen zu zeigen, handelte er sich jedoch Kritik von der Gesundheitsbehörde ein. Der Landrat von Xinzhu, Chiu Ching-chun sah in der Betelnuss vor allem potentielle neue Märkte. In Taiwan würden damit jährlich bis zu 50 Milliarden Taiwan Dollar – umgerechnet rund 1,3 Milliarden Euro – umgesetzt, sagte er gegenüber der Tageszeitung United Daily News. Den Festlandchinesen wiederum sollte ein Stück taiwanischer Kultur näher gebracht werden.
Die Mahnung der Gesundheitsbehörde
Die Gesundheitsbehörde sah dies anders: Die Lokalregierungen sollten an die Gesundheit der Bürger denken, ermahnte diese, denn die Betelnüsse seien keine lokale Spezialität, die es zu fördern gelte. Von 10 Patienten mit Mundhöhlenkrebs hätten 9 Betelnüsse gekaut.
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