Die ver­pass­te Anti-AKW-Chance

Gescheitert: Ex-Premiere Morihiro Hosokawa.
Geschei­tert: Ex-Pre­mie­re Mori­hi­ro Hos­o­ka­wa. Screen­shot: youtube/​dpjchan­nel
Der Sieger. Yoichi Masuzoe.
Der Sie­ger. Yoi­chi Masu­zoe. Foto: wikimedia/​VOA Photos/​S, Herman

Japans Pre­mier­mi­nis­ter Shin­zo Abe wird sich gefreut haben. Bei den Gou­ver­neurs­wah­len vom Sonn­tag hat Yoi­chi Masu­zoe das Ren­nen gemacht. Der 65-jäh­ri­ge trat zwar als Unab­hän­gi­ger an, hat­te aber die Unter­stüt­zung der regie­ren­den Libe­ral­de­mo­kra­ten. Damit hat Tokio einen Gou­ver­neur, der bei den gros­sen Fra­gen auf Regie­rungs­li­nie ist, gera­de wenn es um die künf­ti­ge Ener­gie­po­li­tik geht.

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Die Gegen­kan­di­da­ten Ken­ji Uts­uno­miya und Mori­hi­ro Hos­o­ka­wa (Asi­en­spie­gel berich­te­te), die sich bei­de für den Atom­aus­stieg stark mach­ten, zogen den kür­ze­ren. Selbst die tat­kräf­ti­ge Unter­stüt­zung von Ex-Pre­mier­mi­nis­ter Juni­chi­ro Koi­zu­mi brach­te Hos­o­ka­wa nicht den gewünsch­ten Wahlerfolg.

Statt­des­sen hat mit Masu­zoe ein Mann gewon­nen, der das Wie­der­hoch­fah­ren der AKW-Reak­to­ren befür­wor­tet. Gleich­zei­tig ver­sprach die­ser die För­de­rung erneu­er­ba­rer Ener­gi­en und einen lang­fris­ti­gen Atom­aus­stieg, um sich gegen Hos­o­ka­wa und Uts­uno­miya abzu­si­chern. Die Stra­te­gie ist aufgegangen.

Der Fokus auf sozia­le und wirt­schaft­li­che The­men, ins­be­son­de­re die Alters­vor­sor­ge wie die Olym­pi­schen Spie­le, sowie die star­ke Wäh­ler­ba­sis der Libe­ral­dem­ko­ra­ten brach­ten dem ehe­ma­li­gen Gesund­heits­mi­nis­ter schliess­lich den Erfolg. Resul­ta­te wie bei den Bür­ger­meis­ter­wah­len in Nago auf Oki­na­wa oder in Mina­m­i­so­ma in der Prä­fek­tur Fuku­shi­ma, wo Geg­ner der aktu­el­len Regie­rungs­po­li­tik erst kürz­lich gewan­nen, sind damit ausgeblieben.

Zer­strit­te­ne Opposition

Bedeu­tet dies nun, dass die Bewoh­ner von Tokio hin­ter der Atom­ener­gie ste­hen? Ein Blick auf das Wahl­re­sul­tat zeigt, dass Masu­zoe rund 2,11 Mil­lio­nen Stim­men auf sich ver­ein­te. Ken­ji Uts­uno­miya hol­te 983’000 und Mori­hi­ro Hos­o­ka­wa 956’000 Stim­men. Masu­zoe hat damit etwas mehr Stim­men geholt als bei­de Atom­geg­ner zusam­men, die ins­ge­samt knapp 2 Mil­lio­nen Stim­men gemein­sam geholt haben.

Das Resul­tat zeigt, dass sich die Oppo­si­ti­on in Japan zur­zeit gegen­sei­tig schwächt. Ein Zusam­men­ge­hen der bei­den gros­sen Oppo­si­ti­ons­kan­di­da­ten hät­te die Posi­ti­on von Masu­zoe zumin­dest stär­ker ins Wan­ken gebracht. Doch für Uts­uno­miya, der von den Sozi­al­de­mo­kra­ten und Kom­mu­nis­ten unter­stützt wur­de, war eine Koope­ra­ti­on mit Hos­o­ka­wa, der von der Demo­kra­ti­schen Par­tei den Zuspruch erhielt, unmög­lich. Der kon­ser­va­ti­ve Ex-Pre­mier und bekehr­te AKW-Geg­ner Koi­zu­mi bleibt für Japans Lin­ke ein Poli­ti­ker, mit dem man nicht zusam­men­ar­bei­ten will. Zu stark drif­ten die poli­ti­schen Vor­stel­lun­gen auseinander.

Kei­ner der bei­den Kan­di­da­ten woll­te sich für den ande­ren aus dem Ren­nen neh­men. Die Anti-AKW-Geg­ner spre­chen von einer ver­pass­ten gol­de­nen Chan­ce. Der Wahl­aus­gang zeigt zudem, dass wirt­schaft­li­che The­men bei den Wäh­lern der­zeit Vor­rang genies­sen, auch wenn die Mehr­heit der Bevöl­ke­rung wei­ter­hin für einen Atom­aus­stieg plädiert.

Für eine Über­ra­schung sorg­te der­weil das Wahl­re­sul­tat von Toshio Tamo­ga­mi. Mit 610’000 Stim­men erhielt der ehe­ma­li­ge, umstrit­te­ne Luft­waf­fen­chef, der für sei­ne natio­na­lis­ti­sche Hal­tung bekannt ist, uner­war­tet star­ken Zuspruch, der wohl auf die anhal­tend gespann­ten Bezie­hun­gen zwi­schen Japan und sei­nen Nach­bar­län­dern zurück­zu­füh­ren ist.

Abe setzt auf die Atomenergie

Für Pre­mier­mi­nis­ter Shin­zo Abe ist der Aus­gang der Gou­ver­neurs­wahl eine Ein­la­dung mit der bis­he­ri­gen Ener­gie­po­li­tik fort­zu­fah­ren. Auch sein ein­fluss­rei­cher poli­ti­scher Zieh­va­ter, Juni­chi­ro Koi­zu­mi, kann ihn fürs Ers­te nicht mehr gefähr­lich wer­den. Abe wird auf ein mög­lichst schnel­les Wie­der­hoch­fah­ren der AKW-Reak­to­ren pochen.

Zur­zeit sind alle 48 Reak­to­ren im Land abge­schal­tet. Mit Wär­me­kraft­wer­ken wird der Strom­aus­fall der­zeit kom­pen­siert (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Das führt zu hohen Import­aus­ga­ben für Gas und Erd­öl und höhe­ren Strom­kos­ten, was Abe als gros­ses Hin­der­nis für ein künf­ti­ges Wirt­schafts­wachs­tum sieht.

Lan­ger Wiederhochfahr-Prozess

Doch auch der Pre­mier wird sich gedul­den müs­sen, bis der ers­te Reak­tor wie­der ans Netz geht. Zur­zeit bear­bei­tet die neu geschaf­fe­ne Nuklea­re Regu­lie­rungs­be­hör­de (NRA) Anträ­ge von sie­ben Strom­pro­du­zen­ten für das Wie­der­hoch­fah­ren von 16 Reak­to­ren in ins­ge­samt 9 Kern­kraft­wer­ken. Die unab­hän­gig von der Regie­rung agie­ren­de NRA hat sich als stren­ger erwie­sen als Abe lieb ist. Die Strom­pro­du­zen­ten haben bereits Mil­li­ar­den auf­ge­wen­det, um ihre AKW den neu­en Sicher­heits­be­stim­mun­gen anzu­pas­sen (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Hun­der­te von Ange­stell­ten der ver­schie­de­nen Strom­pro­du­zen­ten haben sich seit Mona­ten in der Nähe der Nuklea­ren Regu­lie­rungs­be­hör­de in Tokio in Hotels ein­quar­tiert, um die Anfra­gen sofort bear­bei­ten zu kön­nen, wie eine Repor­ta­ge von Reu­ters zeigt. Zehn­tau­sen­de Doku­men­te müs­sen bear­bei­tet wer­den. Die NRA muss die­sen Berg an Arbeit mit ver­hält­nis­mäs­sig wenig Per­so­nal bewältigen.

Noch lau­fen die Sicher­heits­checks und nie­mand weiss, wann und ob in abseh­ba­rer Zeit ein Reak­tor von der NRA wie auch von den loka­len Behör­den grü­nes Licht erhält. Es wird ver­mu­tet, dass wohl frü­hes­tens im Som­mer der ers­te Reak­tor wie­der ans Netz gehen könnte.

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