Kritik am Atomjungen
Tetsuwan Atomu wurde keine 10 Jahre nach dem Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki zu einer Ikone des technischen Aufbruchs Japans. Die von Manga-Gott Osamu Tezuka entwickelte Geschichte eines friedliebenden Roboterjungen mit atomar gestähltem Herzen erschien zwischen 1952 und 1968 als Fortsetzungsgeschichte im Magazin Shônen.
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1963 realisierte Osamu Tezaku gleich selbst eine Anime-Umsetzung. Der Erfolg war so gross, dass der amerikanische Fernsehsender NBC die Serie übernahm und kurzerhand in Astro Boy umtaufte. Es war die erste ausserhalb Japans gesendete Anime-Produktion.
Tetsuwan Atomu trug dazu bei, dass Japan wie keine andere Nation seine Hoffnungen und Träume den Maschinen anvertraut. Alleine sein Name deutete nur wenige Jahre nach Hiroshima und Nagasaki eine zerstörerische Technologie positiv um. Doch mit der AKW-Katastrophe von Fukushima hat diese scheinbar friedliebende Nukleartechnologie eine ganz andere Bedeutung erhalten.
Die Kritik und die Antwort
Nach dem Unfall im März 2011 folgte die Kritik an der Figur Tetsuwan Atomu. Seine Figur zusammen mit Schwester Uranium und Bruder Kobalt dazu beigetragen, dass die Atomenergie in Japan lange Zeit als eine positive und sichere Sache angesehen, so die Meinung. Damit sei diese Geschichte an der Katastrophe teilweise mitverantwortlich.
Rumiko Tezuka, die Tochter von Osamu Tezuka, setzt sich in einem Interview in der Asahi Shimbun gegen solche Kritik zur Wehr. Die Botschaft ihres Vaters müsse man differenzierter betrachten. «Er hat gezeigt, dass die Menschen nicht weise genug sind, um von der Wissenschaft vollen Gebrauch zu machen und auch die potentielle Gefahr nicht erkennen, die in der Wissenschaft lauert», so die 48-Jährige.
Man müsse Tetsuwan Atomu auch in den richtigen Kontext der 1950er-Jahre setzen, als die Geschichte von ihrem Vater realisiert wurde. Es war eine Zeit, als die Spuren des Zweiten Weltkriegs überall präsent waren. Damals sei die Atomenergie etwas Neues gewesen und die Gesellschaft glaubte, dass sie die Menschen glücklich machen könne. «Astro Boy verkörperte Hoffnung in schwierigen Zeiten», beschrieb es einst Junichi Murakami vom Tezuka Osamu-Museum.
Viele Lesarten
Tatsächlich mag Tetsuwan Atomu keine offene Ansage für die Atomenergie sei. Wie bei Tezukas Geschichten üblich sind stets viele, auch kritische Lesarten möglich. Dennoch ist die ursprüngliche Manga-Serie ein Produkt der 1950er-Jahre und in dieser Art wohl nicht mehr zeitgemäss.
Die anhaltenden Anime-Neuauflagen der Geschichte zeigen jedoch, dass Astro Boy als einfache Heldengeschichte offenbar weiterhin funktioniert. Wie die persönliche Antwort von Osamu Tezuka nach Fukushima ausgefallen wäre, werden wir nie erfahren. Er verstarb am 9. Februar 1989 im Alter von 60 Jahren an einer Krebserkrankung.
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