Der Handyroman in der Blüte
Eine 15-jährige Autorin feiert in Japan Grosserfolge. Begonnen hat für Bunny alles mit einem selbst geschriebenen Roman auf ihrem Handy, der in Windeseile eine grosse Leserschaft fand. Daraus ist ein dreibändiger Roman mit dem Titel «Wolf Boy x Natural Girl» geworden. Der Verleger Starts Publishing Co. berichtet, dass das Werk sich seit dem Verkaufsstart im Mai bereits über 110’000 Mal verkauft hat und einen Umsatz von 611’000 US-Dollar erzielte.
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Der Handyroman ist in Japan zu einem blühenden Wirtschaftszweig geworden. Die meist jungen Autoren haben die Möglichkeit ihre Inhalte über eine Website der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Leser können anschliessend ihre Meinung zum Gelesenen kundtun. Für den Handy-Schriftsteller winkt bei grossem Zuspruch die Chance auf einen Buchdruck. Die Geschichten sind selten tiefgründige Werke. Sie handeln von der Liebe und den Träumen der Jugendlichen.
An der Schule weiss niemand von Bunnys Erfolg. «Das wäre mir peinlich», sagt sie. Viele Handy-Schriftsteller schützen ihre Privatsphäre mit Fantasienamen, wie sie im Internet üblich sind. «Die Nutzer solcher Handy-Roman-Webseiten geben sich bei der ersten Anmeldung eine Online-Pseudonym, das sie auch bei einem späteren Erfolg in der Buchwelt nicht mehr ablegen», sagt Shigeru Matsushima, Redaktor bei Starts Publishing.
Kritische Literaturbranche
Die traditionelle Buchbranche zeigt sich kritisch gegenüber dem kommerziellen Erfolg des Handyromans. Die meisten Handy-Schriftsteller sind Amateure, die nie zuvor geschrieben haben. Ihre Geschichten halten sich deshalb an ein einfaches Schema», sagt Literaturprofessorin Chiaki Ishihara von der Universität Waseda gegenüber der Los Angeles Times. Das Verlagshaus Ascii Media Works bestätigt, dass die Handy-Werke keine literarischen Meisterwerke sind. Der Verlag bringt Handy-Romane in Buchform heraus. Die Zielgruppe liegt zwischen 14 und 17 Jahren.
«Der Handyroman sollte mit dem Genre des leichten Romans verglichen werden. Das sind bunte Romanzen für junge Mädchen», sagt Kenro Hayamizu, Autor eines Sachbuches über das neue Phänomen.
Ein Millionenpublikum
Maho i-Land Co, der grösste Online-Anbieter für Handyromane hat rund 1 Million Online-Titel im Angebot und rund 6 Millionen Nutzer. «Die Verkaufszahlen der einzelnen Publikationen variieren stark. Im Durchschnitt verkaufen wir rund 100’000 Bücher pro Publikation», sagt Mari Yusa von Maho i-Land Co. Das Unternehmen bringt jeden Monat einige der populärsten Handromane in Buchform heraus.
Das Genre erlebte vor rund 10 Jahren seine Geburt, als ein Schriftsteller in seinen Dreissigern mit Namen Yoshi den Handyroman «Deep Love» schrieb. Die Geschichte handelte von einem 17-jährigen Mädchen, das sich prostituieren liess und an Aids starb, um ihrem Freund eine lebensrettende Herzoperationen zu bezahlen.
Wandel des Genres
Die Themen der Handyromane haben sich im Laufe der letzten Jahre stark gewandelt. «Die heutigen Handyromane sind umgangssprachlicher und jugendlicher. Gerade im letzten Jahr haben sich die Leser von traurigen Geschichten abgewandt. Heute sind idealisierte Welten gefragt», erklärt Shigeru Matsushima. Vermutlich habe die japanische Rezession zu dieser neuen Vorliebe geführt.
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