Weltmeister im Zwitschern
Japan ist an der Fussball-WM mit viel Pech im Penaltyschiessen gegen Paraguay ausgeschieden. In den erfolgreichen Gruppenspielen zuvor, haben die japanischen Fans jedoch bewiesen, worin sie die wahren Weltmeister sind: Im Twittern. Das siegreiche Spiel gegen Dänemark brachte eine weltmeisterliche Rate von 3283 Twitter-Nachrichten pro Sekunde hervor.
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Damit wurde die bisherige Marke von 3085 Nachrichten nach dem NBA-Sieg der Los Angeles Lakers locker überboten. Der durchschnittliche Wert liegt bei 750 sogenannten Tweets pro Sekunde. Damit nicht genug: Keisuke Hondas 1:0 im ersten Spiel gegen Kamerun wurde zum bisher meist vermeldeten Tor auf Twitter.
140 Zeichen
Seit der Lancierung einer japanischen Handyversion von Twitter im Oktober 2009 sind die Nutzerzahlen regelrecht explodiert. Laut dem Marktforscher Nielsen Online sind die Zahlen von Februar auf März dieses Jahres um 1,9 Millionen auf 7,5 Millionen Mikroblogger angestiegen.
Gründe für den Erfolg von Twitter gibt es verschiedene. Kein anderes Land hat so früh die Internetnutzung übers Handy kultiviert. Zudem erleichtern die Anonymität und die Kürze des Tweets eine ungewohnte Freiheit der Kommunikation, die sich auch der ehemalige Premierminister Yukio Hatoyama zunutze gemacht hatte (Asienspiegel berichtete). Ausserdem kann mit 140 Zeichen auf Japanisch bedeutend mehr Inhalt wiedergegeben werden als mit dem Alphabet.
Konkurrenz zu Mixi
Twitter mausert sich damit zu einer Alternative zum Sozialnetzwerk Mixi, dem japanischen Pendant zu Facebook (Asienspiegel berichtete). Gerade die Unverfänglichkeit von Twitter sei besonders attraktiv für die Japaner, sagt Internetexperte und Tech-Blogger Akky Akimoto gegenüber dem Wall Street Journal. Da man bei Mixi jeweils seinen digitalen Fussabdruck hinterlasse, sei man stets gezwungen die Umgangsformen zu wahren.
«Bei Mixi wird man gezwungen, beim Besuch einer Nutzerseite eine Botschaft zu hinterlassen. Man muss zeigen, dass man ein aktiver Teil eines Freundeskreises ist», bemerkt Akimoto. «Dies artet schliesslich in eine Endlosschleife der virtuellen Danksagung und Verbeugen aus.» Davon hätten viele der mittlerweile 20 Millionen starke Gemeinschaft die Nase voll. «Bei Twitter fallen diese Anstandsregeln gänzlich weg.» In Japan heisst es denn auch nicht «zwitschern», sondern «nuscheln».
Keine Sorge
Bei Mixi ist man nicht besorgt über den Aufstieg des amerikanischen Mikroblogging-Dienstes. «Twitter ist ein öffentliches Forum, während es bei Mixi um die private Kommunikation geht. Der Ansatz ist gänzlich verschieden», sagt Pressesprecher Masahi Tokuda. Fest steht jedoch, dass die japanischen Fussballfans sich seit Hondas Tor als treue Twitter-Nutzer erwiesen haben. ja.
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