Der verzweifelte Hilferuf
Die Stadt Minamisoma liegt ziemlich genau 20 Kilometer vom havarierten Atomkraftwerk Fukushima 1 entfernt. Es ist die Grenze, von wo die freiwillige Evakuierung beginnt. Die Menschen, die weiterhin zwischen 20 und 30 Kilometer vom Reaktor entfernt leben, sind angehalten, in den Häusern zu bleiben. Seit fast einem Monat schon hält der Ausnahmezustand in Minamisoma an.
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Rund 1800 Häuser wurden vom Tsunami weggeschwemmt. Über 250 Menschen sind gestorben, knapp 1300 werden vermisst. Von der einstigen 75’000 Einwohner zählenden Stadt harren noch 20’000 Menschen in ihren Häusern aus. Durch die Gefahr der radioaktiven Verstrahlung drohte Minamisoma selbst durch die eigene Regierung in Vergessenheit zu gehen.
Bürgermeister Katsunobu Sakurai war verzweifelt. Es fehlte an Lebensmitteln und Benzin. Kein Freiwilliger wagte sich in dieses Gebiet. Sakurai befürchtete das endgültige Ende seiner Stadt. In seiner Verzweiflung nahm er am 24. März ein 11-minütiges Video auf, in dem der schmächtige Mann mit Brille und beiger Uniform die prekäre Lage in Minamisoma beschrieb. Der Titel: «SOS vom Bürgermeister aus Minamisoma.» Gefasst bat Sakurai um freiwillige Helfer und die Lieferung lebenswichtiger Güter. Es war ein Appell an die Menschlichkeit.
Die Welt reagiert
Das Video wurde mit englischen Untertiteln versehen und auf Youtube hochgeladen. Innert kürzester Zeit sahen es sich über 200’000 Menschen an. Der Appell zeigte Wirkung. Zahlreiche Organisationen aus dem In- und Ausland haben seither Hilfslieferungen nach Minamisoma entsandt.
«Plötzlich hatte die Welt uns die Hand ausgestreckt», erzählt der 55-jährige Bürgermeister der New York Times. Seither ist wieder etwas Leben in die Stadt zurückgekehrt. Ein paar Läden haben geöffnet. Viele Menschen halten sich nicht mehr strikt an das Ausgehverbot.
Die Flucht hält an
Katsunobu Sakurai ist inzwischen landesweit bekannt. Selbst Premierminister Naoto Kan hat ihn in seinem Amtssitz in Tokio empfangen. Der Bürgermeister macht sich Sorge um die Lage in den havarierten Reaktoren und er fürchtet weiterhin um den Erhalt seiner Stadt: «Hält die Flucht der Menschen an, geht auch unsere Gemeinde verloren. Ich bitte Sie daher um Unterstützung, damit wir die Leute wieder zusammenbringen und unsere Verwaltung funktioniert», bat Sakurai laut der Nachrichtenagentur Jiji den Premier um Hilfe.
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