Friedensnobelpreis für Artikel 9?

Japans Regierungschef Shinzo Abe möchte lieber heute als morgen die pazifistische Verfassung seines Landes geändert haben. Für ihn und seine konservativen Parteikollegen ist das Gesetzeswerk nicht mehr zeitgemäss (Asienspiegel berichtete).
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Speziell der Verzicht auf Kriegsführung zur Lösung internationaler Konflikte im Artikel 9 sowie die Bezeichnung des Kaisers (jap. Tenno) als Symbol des Staates im Artikel 1 sind ihnen ein Dorn im Auge. Japan soll in den Augen des Premiers wieder eine stärkere politische, wirtschaftliche und militärische Vorreiterrolle in Asien übernehmen (Asienspiegel berichtete).
Durch seine überwältigenden Erfolge bei den Unter- und Oberhauswahlen war er noch nie so nahe dran. Eine Revision scheiterte bislang an der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Unterhaus, wie sie der Artikel 96 vorschreibt. Diese Hürde will Abe zuerst ändern. Eine Änderung des Artikels 96, so seine Hoffnung, würde noch eher Zuspruch unter allen Abgeordneten erhalten. Danach erst soll der Artikel 9 fallen, so sein Kalkül (Asienspiegel berichtete).
Die Nobelpreis-Idee
Das passt nicht allen Japanern. Für viele ist die seit 65 Jahren unveränderte Verfassung der Garant für Frieden in der Region. Ausserdem sei Japan mit der US-Sicherheitsallianz und den Selbstverteidigungstruppen ohnehin schon gut genug geschützt, ist ein weiteres Argument. Auch die 37-jährige Hausfrau Naomi Takasu steht hinter der pazifistischen Verfassung. Mit einer besonderen Idee stemmt sie sich gegen das Reformvorhaben von Abe und hat damit eine ganze Bewegung ausgelöst, wie die Tokyo Shimbun berichtet.
Am Anfang stand die Verleihung des Friedensnobelpreises für die Europäische Union vor zwei Jahren. Der Staatenbund habe dem Kontinent Versöhnung und Frieden gebracht, so die Begründung. Auch der Artikel 9 hätte diese Auszeichnung verdient, sagte sich Takasu. Der Friedensnobelpreis für den Artikel 9 würde Premier Abe zudem unter gewaltigen Druck bringen, war ein weiterer Gedanke.
Erste Hürde
So begann Takasu die Unterschriftensammlung mit dem Petitionstitel «Friedensnobelpreis für den Artikel 9» und reichte diesen Vorschlag bei der norwegischen Kommission ein. Die Antwort war jedoch negativ. Man könne nur Einzelpersonen oder Organisationen den Preis verleihen, eine Verfassung hingegen sei etwas Abstraktes, hiess es aus Oslo.
Bereits 1991 wurde derselbe Vorschlag, damals von einem amerikanischen Professor initiiert, aus demselben Grund abgelehnt.
Die Lösung
Takasu liess jedoch nicht locker und formulierte kurzerhand den Vorschlag um. Dem japanischen Volk, welches seit fast 70 Jahren den pazifistischen Artikel 9 aufrechterhalten hat, soll die Ehre des Friedensnobelpreises zuteil werden. Von der ehemaligen Besatzungsmacht USA formuliert, ist die japanische Verfassung seit ihrer Einführung 1947 unverändert geblieben.
Mit der Unterstützung von Professoren und ehemaligen Preisträgern gründete sie ein Komitee zur Umsetzung dieser Idee. Mit deren Empfehlungsschreiben sollen die Norweger von der Idee überzeugt werden.
Online-Unterschriftensammlung
Auch über die Internetseite change.org hat die Unterschriftensammlung begonnen, wo jeder seine Zustimmung geben darf. «Der Artikel 9 ist zu einem Hoffnungsträger für alle geworden, die Frieden in Japan und auf der Welt suchen. Wir ersuchen daher den Friedensnobelpreis, dem japanischen Volk, das fortdauernd die pazifistische Verfassung und insbesondere den Artikel 9 aufrechterhält, den Friedensnobelpreis zu verleihen», heisst es auf der Seite.
Die Empfehlungen für Friedensnobelpreis-Nominationen dürfen noch bis zum 1. Februar eingereicht werden. Takasu hofft, dass eine hohe Zahl von Unterschriften dem Anliegen noch mehr Legitimität verleiht. Und was, wenn das japanische Volk tatsächlich den Friedensnobelpreis erhalten würde? Dann müsste Premier Abe wohl höchstpersönlich diese Auszeichnung entgegennehmen.
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