Ausgebeutete Studenten
Auch die deutsche Sprache hat es in den japanischen Wortschatz geschafft. Das bekannteste Beispiel ist «Arbeit». Die Japaner sprechen es «Arubaito» oder kurz «Baito» aus, und meinen damit einen Nebenjob für einen Studenten.
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In Japan geht fast jeder Student während der Freizeit einer einfachen Teilzeitarbeit nach. Es ist ein wichtiger finanzieller Zustupf und ein erster Kontakt mit der Arbeitswelt. Kaufhäuser, Supermärkte, Restaurants sowie Minimärkte sind auf diese studentischen Arbeitskräfte angewiesen. Sie arbeiten zum Billiglohn und sind zeitlich flexibel einsetzbar. In einer Gesellschaft, deren Bevölkerung überaltert, sind sie ein Garant für den Fortgang vieler Dienstleistungsbranchen.
Black Baito
Doch «Baito» wird immer mehr zur Knochenarbeit. Eine Umfrage des Ministeriums für Arbeit und Gesundheit hat ergeben, dass 60,5 Prozent der 1000 befragten Studenten mit unregulären Arbeitsbedingungen zu kämpfen haben, wie die Mainichi Shimbun berichtet. Sie klagen über nicht ausbezahlte Löhne für Vorbereitungs- und Reinigungsarbeiten, über zu wenig Pausen während ihren Schichten oder über zu viele Überstunden. Andere werden einfach in beliebige Schichten eingeteilt, ohne danach gefragt zu werden. Freie Tage für die Prüfungsvorbereitungen werden ihnen oft nicht gewährt.
In einer hierarchisch organisierten Firmenwelt wie in Japan ist es nicht einfach, dem Arbeitgeber eine Bitte auszuschlagen. Man fühlt sich seinem Chef verpflichtet, auch wenn es sich nur um einen Job neben dem eigentlich wichtigeren Studium handelt. Und so fällt es vielen schwer, die richtige Balance zwischen Studium und Nebenjob zu finden.
Seit einigen Jahren spricht man von «Black Baito», wenn ein Student unter Arbeitsbedingungen schuften muss, die gegen das Arbeitsgesetz verstossen. Es ist eine Anspielung auf den Begriff «Black Company» (jap. «burakku kigyō») mit dem Firmen beschrieben werden, die systematisch ihre Angestellten ausbeuten (Asienspiegel berichtete). In manchen Fällen endet dies im Selbstmord oder im Tod durch Überarbeitung.
Der Fall Sukiya
Schlagzeilen machte die Gyudon-Kette Sukiya, als ihre Teilzeitarbeiter, darunter viele Studenten, in den Nachtstunden ganz alleine einen Laden – von Bedienen bis zum Kochen – führen mussten (Asienspiegel berichtete). Twitter-Fotos von völlig überarbeiteten, schlafenden Angestellten machten die Runde.
Diese Ein-Mann-Schicht wurde schliesslich abgeschafft, doch zuvor beklagte sich der Präsident von Sukiya darüber, dass die heutige Jugend verwöhnt sei und nicht mehr bereit sei, sogenannte 3K-Arbeiten «kitsui, kitanai, kiken» («anstrengend, dreckig, gefährlich») zu verrichten, nur um kurz darauf diese Aussage wieder zu relativieren (Asienspiegel berichtete).
Die Realität
Bei den studentischen Nebenjobs sind die erschwerten Arbeitsbedingungen jedoch vielmehr darauf zurückzuführen, dass vielen Betrieben wegen der Überalterung der Gesellschaft schlichtweg das notwendige Personal fehlt und somit die Last auf immer weniger Arbeitnehmer fällt. Gleichzeitig ist «Baito» für viele junge Japaner eine finanzielle Notwendigkeit, um die Universitätsausgaben überhaupt decken zu können.
Das Ministerium für Arbeit will nun auf diesen Missstand reagieren. Es hat angekündigt, mit Wirtschaftsverbänden zusammensitzen und ihnen klar machen zu wollen, dass das Studium für die Studenten Vorrang habe. Ausserdem sollen die Studenten besser über ihre Rechte aufgeklärt werden. Seit einiger Zeit gibt es auch Bemühungen, die Studenten in Vereinigungen zusammenschliessen, um besser informiert zu sein und im Notfall eine rechtliche Vertretung zu haben.
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