Das lange Warten auf die tödliche Welle
«Die Tsunami-Vorhersage war etwas übertrieben. Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass wir die Warnung etwas lange aufrecht erhalten haben», sagte Yasuo Sekita von der staatlichen Wetterbehörde an einer Medienkonferenz. Beim Aufprall der rund 1,2 Meter hohen Welle sind zwar einige Hafenorte überflutet worden, Verletzte oder Tote gab es jedoch nicht.
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs.
Fast eine halbe Million Menschen entlang der japanischen Pazifikküste im Norden Japans wurden evakuiert, nachdem ein starkes Erdbeben Chile erschüttert hatte (Asienspiegel berichtete). Die Wetterbehörde rechnete fälschlicherweise mit einer Flutwelle von bis zu 3 Metern. Selbst nachdem die anderen Pazifikstaaten Entwarnung gegeben hatten, hielten die japanischen Behörden die Warnung bis am Montagmorgen aufrecht. Es war die erste grosse Tsunami-Warnung seit 15 Jahren.
Eine Frage der Glaubwürdigkeit
Hirotada Hirose, Experte für Katastrophenprävention, befürchtet dabei nicht nur einen Imageschaden für die Wetterbehörde: «Die Katastrophenwarnungen der Wetterbehörde verlieren so an Glaubwürdigkeit.» Indem solch masslose Warnungen ausgesprochen werden, zeigen die Behörden eine gewisse Furcht vor späteren Vorwürfen, so Hirose.
Satoko Oki vom Erdbebeninstitut an der Universität Tokio widerspricht dieser Aussage: «Es ist wichtig zu begreifen, dass selbst eine Tsunami-Welle mit einer bescheidenen Höhe von 50 Zentimetern tödlich sein kann. Die meisten Menschen könnten selbst bei einem Wasseraufschlag von einem halben Meter ihr Gleichgewicht nicht halten.»
Auch Ichiro Kawasaki von der Universität Kyoto bestätigt diese Ansicht und fügt hinzu: «Es ist normal, dass man die Wellen etwa doppelt so hoch vorhersagt. Immerhin geht es in dieser Sache um Tod oder Leben.»
Das Land der Katastrophen
Das Land verfügt aus guten Gründen über eine ausgeprägte Präventionsbereitschaft. Rund 20 Prozent der weltweit stärksten Erdbeben ereignen sich in Japan. Beim letzten grossen Erdbeben in Kobe 1995 starben 6’400 Menschen. In der 35 Millionen-Stadt Tokio erwartet man in den nächsten Jahren ebenfalls ein riesiges Erdbeben. Beim letzten Erdbeben in der Hauptstadt 1923 starben 140’000 Menschen.
Zudem erreichen Tsunamis regelmässig die Küsten Japans. Beim letzten grossen Erdbeben der Stärke 9,5 in Chile 1960 riss nur Stunden später eine Flutwelle von bis zu 5 Metern Höhe in Japan 142 Menschen in den Tod.
Ohne Abonnenten kein Asienspiegel
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs, der über 5000 kostenlos zugängliche Artikel bietet.
VORTEILE JAHRES-ABO
Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren.
- Zahlungsmittel: Master, Visa, PayPal, Apple Pay, Google Pay
- Für TWINT bitte via Asienspiegel Shop bezahlen
- Für Banküberweisung hier klicken