Zu Überstunden gezwungen
In Japan vergeht kein Tag, an dem die Medien nicht über einen Todesfall durch Überarbeitung berichten. Karoshi nennt sich das auf Japanisch (Asienspiegel berichtete). Erst in den letzten Jahren hat sich für dieses Problem ein gesellschaftliches Bewusstsein entwickelt.
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Die Klagen gegen Arbeitgeber haben sich gehäuft. Nicht selten entscheiden die Gerichte heute im Sinne der Angehörigen der Karoshi-Opfer. Doch nicht immer ist die Beweislage einfach, ein Zusammenhang juristisch nicht eindeutig auszumachen. So gehört es in Japan zum guten Ton, Überstunden zu leisten. Die gesetzlich erlaubten 40 Überstunden pro Woche werden da schnell mal übersehen. Die Loyalität zum Unternehmen steht über allem.
Es unterliegt dem Arbeitsministerium, die gesetzlichen Vorgaben zu beaufsichtigen. Um das Problem anzugehen, hat es begonnen, Firmen auszumachen, die systematisch ihre Angestellten ausnützen.
4000 «schwarze Firmen»
Das Ministerium geht nach einer ersten Studie von rund 4000 sogenannten «schwarze Firmen» aus, wie die Nikkei Shimbun berichtet. Damit sind nach offizieller Lesart Unternehmen gemeint, die im Verdacht stehen, ihre jungen Arbeiter mit einem Minimallohn zu Überstunden zu zwingen. Eine hohe Fluktuationsrate und überdurchschnittlich viele Fälle von unbezahlten Überstunden gelten als untrügliche Indikatoren.
In einer hierarchisch geordneten Unternehmensstruktur sind sie besonders die Neueinsteiger verwundbar und nicht selten dem «Pawa-Hara», dem Mobbing von oben ausgesetzt.
Man droht ihnen die Freitage zu streichen, falls sie die Umsatzziele nicht erreichen. Oft müssen diese auch rechtswidrige Arbeitsverträge akzeptieren, in denen ein erheblicher Lohnanteil nur bei einer bestimmten Zahl an geleisteten Überstunden überwiesen wird.
Einmonatige Untersuchung
Während eines Monats wird das Arbeitsministerium einen genaueren Blick in die Bücher der 4000 verdächtigen Firmen werfen. Bei Verstössen gegen das Arbeitsgesetz werden die betroffenen angehalten, unter Aufsicht Korrekturen anzubringen. Handelt es sich um schwerere Vergehen wird der Fall direkt der Staatsanwaltschaft übergeben und der Name des Unternehmens öffentlich publiziert.
Ausserdem bieten die Behörden neu den Betroffenen auch eine telefonische Hilfe an. Damit hofft das Arbeitsministerium, die Lage für die Arbeitnehmer zu verbessern.
Der «Black Corporation Award»
Eine Gruppe von Anwälten, Professoren und Gewerkschaften geht derweil einen Schritt weiter. Mit dem «Black Corporation Award» stellt sie die «schwarzen Firmen» öffentlich an den Pranger.
Dieses Jahr hat Watami Food Services den unrühmlichen Preis gewonnen, wie Livedoor News berichtet. Die Restaurantkette soll eine 26-jährige Neueinsteigerin nach nur zwei Monaten in den Selbstmord getrieben haben. Eine Untersuchung ergab, dass sie in einem Monat 140 Überstunden leisten musste.
So lautet eine schriftlich festgehaltene Unternehmensdoktrin von Watami Food Services: «365 Tage, 24 Stunden, arbeite bis zum Tode».
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