Das Modewort des Jahres
Japan ist das Land der One-Hit-Wonders. Stars und Trends kommen und gehen. Wer heute gefragt ist, ist morgen schon wieder vergessen. Auch die japanische Sprache mag es abwechslungsreich. Neue Wörter und Ausdrücke finden hier so schnell Eingang in die Gesellschaft, dass man ständig in Sorge leben muss, womöglich etwas zu verpassen.
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Der Verlag Jiyukokuminsha hat auf diese sprachliche Trends spezialisiert. Seit 1984 kürt er jeweils das Modewort des Jahres. Damit ist der Verlag zu einem Chronisten der modernen japanischen Alltagssprache geworden. Der Vielfalt der Trendwörter sind dabei keine Grenzen gesetzt.
2011 siegte der Begriff «Nadeshiko Japan», der Übername für die japanische Frauenfussball-Nationalmannschaft, die nur wenige Monate nach der Tragödie der Tsunami- und AKW-Katastrophe mit einem unbändigen Einsatzwillen den Weltmeistertitel holte (Asienspiegel berichtete). Im vergangenen Jahr machte dann der Begriff «Wairudo daro!» (wild, isn’t it?) des Komödianten Sugi-chan das Rennen.
Am 2. Dezember wird das Modewort 2013 gekürt. Fünfzig Wörter und Ausdrücke haben es laut der Sankei Shimbun in die engere Auswahl geschafft. Dazu gehört auch der inzwischen weltweit bekannte Begriff «Abenomics», welcher die von Premier Shinzo Abe angestossene Wirtschaftspolitik des lockeren Geldes beschreibt.
«Baigeashi!»
Die diesjährige Konkurrenz für Abe ist aber hart. Laut Umfragen werden dem Begriff «Baigaeshi!» («doppelt heimzahlen») aus der diesjährigen Erfolgs-Fernsehserie Hanzawa Naoki die besten Chancen eingeräumt.
Hanzawa Naoki erzählt die Geschichte des gleichnamigen Bankangestellten, der sich in der hierarchischen Finanzwelt gegen die heimtückische Chefetage mit List und einer grossen Portion Wut durchsetzen muss. Sein Leitspruch «Wenn der Feind Dir weh tut, dann zahl’s ihm doppelt heim!» hat sich in kurzer Zeit etabliert. Selbst Politiker und Sportler machen inzwischen Gebrauch davon.
«Jejeje»
«Jejeje» ist ein weiterer Begriff, der aus einer beliebten Fernsehserie stammt und zum Favoritenkreis für das Modewort des Jahres gehört. Mit «Jejeje» drückt man im Dialekt des kleinen Fischerdorfes Kosode in der Präfektur Iwate im Nordosten Japans seine Überraschung aus. Das kann von einem kurzen «je!» bis zum maximalen «jejeje!» reichen.
Die NHK-Fernsehserie Amachan, welche die Geschichte einer angehenden Seeigel-Taucherin im besagten Dorf erzählt, hat nicht nur «jejeje» zu einem geflügelten Wort gemacht, sondern auch zugleich die Tsunami-Katastrophe und die dramatischen Folgen für Kosode und die Region thematisiert.
«Ima desho!»
Selbst ein Lehrer hat es mit einem Ausspruch in den Kreis der Nominierten geschafft. Für seinen Arbeitgeber, eine Vorbereitungsschule, stellte Osamu Hayashi in einem Werbevideo die Frage «Itsu yaru ka?» («Wann wirst Du es machen?»), um sie sogleich selbst mit den Worten «Ima desho!» (Jetzt selbstverständlich!») zu beantworten.
Das entschlossene «Ima desho!» und Lehrer Hayashi wurden zu einem Internetphänomen. Kreative User nahmen sich die Freiheit, den Ausdruck in unendlich vielen Variationen humoristisch abzuändern. Da das Wort «ima» nicht nur «jetzt», sondern auch «Wohnzimmer» heissen kann, hiess es beispielsweise plötzlich: «Wo treibt Ihr es? Im Wohnzimmer natürlich!».
Autohersteller Toyota nutzte die Gunst der Stunde und stellte Lehrer Hayashi für ein eigenes Werbevideo ein, um ihn die Worte «Wann kaufen Sie ein Auto? Jetzt selbstverständlich!» sagen zu lassen. Osamu Hayashi erreichte damit landesweite Berühmtheit.
Koizumi gleich mit sechs Ausdrücken
Die Auswahl der nominierten Ausdrücke ist derart vielfältig, das Vorhersagen nur schwer zu machen sind. Shinzo Abe wäre übrigens nicht der erste Premierminister, der ein Modewort des Jahres geprägt hat.
Vor ihm hat bereits Yukio Hatoyama mit dem «Regierungswechsel» 2009 gewonnen. Und Abes politischer Ziehvater Junichiro Koizumi schaffte es 2001 gleich mit sechs Ausdrücken an die Spitze der Rangliste der besten Modewörter.
Update, 3. Dezember 2013
Gleich vier Ausdrücke haben es zum Modewort des Jahres geschafft. Es sind dies «Baigaeshi!», «Jejeje» und «Ima desho!». Ausserdem hat auch das Wort «Omotenashi» das Rennen gemacht. Japans Vertreterin für die Kandidatur der Sommerspiele 2020 in Tokio, Christel Takigawa, sprach das Wort für Gasfreundschaft in ihrer Rede an der IOC-Konferenz in Buenos Aires derart langsam und klar aus, dass es gleich zu einem Internet-Hype wurde. «O-mo-te-na-shi» heisst es seither.
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