Abes ungewöhnlicher TV-Auftritt
Japan hat eine ganze Reihe an Fernsehstars hervorgebracht. Doch nur wenige kann man als lebende Legenden bezeichnen, die gleich mehrere Generationen unterhalten haben. Einer davon ist Tamori. Den Japan-Touristen ist er wohl eher bekannt als der Mann mit der Sonnenbrille.
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Der 68-jährige Komiker, dessen bürgerlicher Name Kazuyoshi Morita ist, moderiert seit Oktober 1982 die Mittags-Variety-Sendung Waratte ii to mo! (Lachen erlaubt!). Bereits 2002 moderierte der heute 68-Jährige seine Live-Sendung Nummer 5000 und sicherte sich damit gleich einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde.
Kein anderer Moderator hat auf dieser Welt so lange durchgehalten. Dabei hätte kaum jemand geahnt, dass der Mann mit der Sonnenbrille nochmals ein Jahrzehnt anhängen würde.
Der Besuch des Premiers
Ende März wird es zum letzten Mal Waratte ii to mo! heissen, nach über 31 Jahren auf Sendung. Gestern Freitag durfte Tamori noch einmal alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Denn Premierminister Shinzo Abe machte seine Aufwartung. Für Japans Fernsehgesellschaft war dies grosse News. Dass ein aktiver Regierungschef bei Waratte ii to mo! als Gast im Studio empfangen wird, gab es noch nie.
Grosse Erkenntnisse durfte man von diesem Gespräch nicht erwarten. Abe gab sich freundlich gesprächig und sparte nicht mit Lob. Tamori gehöre zu Japans geistigem Kulturschatz, erklärte der Premierminister. Und ja, Lachen sei gut für die Gesundheit, dies habe er von Tamori gelernt. Gerade als Regierungschef sei es wichtig, einen fröhlichen Eindruck zu hinterlassen, denn eine pessimistische Einstellung könnte sich sich auf das ganze Land abfärben.
Bei dieser Gelegenheit fragte Tamori, wie er sich im Vergleich zur ersten gescheiterten Amtszeit (2006 − 2007) verändert habe. Abe meinte, dass er als junger und gestresster Regierungschef nicht fähig gewesen sei, eine Ruhepause einzulegen. «Dieses Mal versuche ich mich jedoch auszuruhen, wenn immer dies möglich ist.»
Gut für die Imagepflege
Von Tamori wollte der Premier wissen, ob er in den letzten 32 Jahren nie ans Aufhören gedacht habe. «Nein, nie. Mir wurde diese Frage oft gestellt, aber Aufhören kam mir nie in den Sinn», antwortete Tamori. Abe sagte darauf, dass er bei einem Glas Sake noch mehr über das Geheimnis seiner Beständigkeit erfahren möchte.
Für einen japanischen Regierungschef sind bereits zwei bis drei Jahre Amtszeit eine Ewigkeit. Bei Abe sind es schon über 818 Tage, seine erste Runde miteinberechnet. Nur 9 Nachkriegs-Premierminister haben länger durchgehalten.
Der Auftritt war Imagepflege. Die US-Präsidenten wenden dieses Mittel schon lange an. Ein Gespräch in einer lockeren Talkshow, wo man sich von seiner menschlichen Seite zeigen darf, kann für die Zustimmungswerte Wunder bewirken.
Doch nicht alle zeigten sich einverstanden mit der PR-Aktion des Premiers. Vor dem Studio in Shinjuku kam es zu Protesten, die gegen Abes Regierungspolitik gerichtet waren. «Yamete ii tomo!», «Aufhören erlaubt!», stand auf ihren Plakaten geschrieben.
Die beständigste Fernsehunterhalterin
Tamori derweil darf seine Sendung nun mit dem Wissen beenden, dass er vom Regierungschef persönlich zum japanischen Kulturgut erhoben wurde. Neben ihm gibt es nur wenige japanische Fernsehunterhalter, welche ähnliches von sich behaupten können.
Takeshi Kitano und Sanma Akashiya werden oft in einem Atemzug mit Tamori genannt. Und da wäre noch die heute 80-jährige Tetsuko Kuroyanagi, die seit den Anfängen des japanischen Fernsehens dabei ist und gerne auch als Japans Oprah Winfrey bezeichnet wird.
Mit Tetsuko no heya (Tetsukos Zimmer) begründete sie 1976 die erste japanische Talk-Sendung. Tetsuko hat schon alle interviewt. Selbst amerikanische Stars wie Lady Gaga oder Tom Cruise schlagen ihre Einladung nicht aus.
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