Bit­co­ins für Taiwan

Nathan Kaiser geniesst sein Waldbeer-Eis vor Taiwans erstem Bitcoin-Automaten.
Nathan Kai­ser geniesst sein Wald­beer-Eis vor Tai­wans ers­tem Bit­coin-Auto­ma­ten. Foto: Mar­tin Aldrovandi

Seit Ende März kann man in Tai­wan gleich­zei­tig Bit­co­ins und Eis kau­fen: Tai­wans ers­ter Bit­coin-Auto­mat steht in einer ita­lie­ni­schen Gela­te­ria in Tai­peh. Hier­her gebracht hat ihn Nathan Kai­ser, der in Tai­wan als Schwei­zer Rechts­an­walt tätig ist.

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Er habe sich mit sei­nem Kanz­lei-Part­ner schon zuvor mehr­mals über das digi­ta­le Zah­lungs­mit­tel unter­hal­ten und ihn schliess­lich gefragt, wie­so man nicht ein­fach selbst einen Auto­ma­ten aufstelle.

Aus Neu­gier füll­ten die bei­den ein Anmel­de­for­mu­lar aus, ein paar E-Mails gin­gen zwi­schen den USA und Tai­wan hin und her. Für 5000 US-Dol­lar kauf­ten sie schliess­lich einen weis­sen Bit­coin-Auto­ma­ten, der nun in der Cosi o Cosi-Eis­die­le im tren­di­gen Ost­vier­tel Tai­pehs steht.

Am schwie­rigs­ten war das Design des Standes

Am schwie­rigs­ten sei nicht etwa der tech­ni­sche Aspekt gewe­sen, sagt Nathan Kai­ser, son­dern einen Stand zu bau­en, auf dem der Auto­mat ste­hen kön­ne. Ansons­ten mach­te Anfangs nur der Pro­vi­der aus den USA Pro­ble­me, die Maschi­ne funk­tio­nier­te des­halb in den ers­ten Tagen nicht.

Doch seit rund drei Wochen läuft der Auto­mat: In weni­gen Sekun­den kön­nen Kun­den jetzt Tai­wan-Dol­lar-Noten gegen Bit­co­ins tau­schen und damit gleich Glace kau­fen. «So kön­nen sie die erwor­be­nen Bit­co­ins im sel­ben Geschäft wie­der aus­ge­ben», sagt Nathan Kai­ser. Mit einem Mobil­te­le­fon bezahlt er in Sekun­den­bruch­tei­len für ein Waldbeer-Eis.

Frü­her wuss­te auch nie­mand was @ bedeutet

Der­zeit ist Cosi o Cosi nur einer von rund einem Dut­zend Läden in Tai­wan, die Bit­co­ins über­haupt akzep­tie­ren. So hält sich auch der Ansturm von Bit­coin-Benut­zern in der Gela­te­ria in Gren­zen. Ist die gan­ze Inves­ti­ti­on also verfrüht?

Nathan Kai­ser zieht einen Ver­gleich mit dem Inter­net: Bereits Mit­te der neun­zi­ger Jah­re war auf sei­ner Visi­ten­kar­te eine E-Mail-Adres­se auf­ge­führt. «Vie­le frag­ten mich damals, was denn die­ses lus­ti­ge ‹@› bedeu­te», erin­nert er sich.

Ob sich Bit­co­ins ähn­lich ent­wi­ckeln wür­den, kön­ne man jetzt natür­lich noch nicht sagen. Als Anwalt und als jemand der von neu­er Tech­no­lo­gie fas­zi­niert sei, habe er den Anspruch vor­ne mit dabei zu sein.

Schnel­le und güns­ti­ge Transaktionen

Von der Tou­ris­mus­in­dus­trie bis zu den Medi­en, habe es das Inter­net ziem­lich vie­le Indus­tri­en umge­pflügt. Auch Rechts­an­wäl­te sei­en davon stark betrof­fen: «Wer geht wegen eines Miet­ver­trags noch zum Anwalt, wenn man Online in weni­gen Sekun­den ein Gra­tis­ex­em­plar erhält?»

Die Finanz­in­dus­trie gehö­re zu den weni­gen Bran­chen, die vom Inter­net noch nicht gestört wor­den sei­en. Dabei bie­ten sich Bit­co­ins als Alter­na­ti­ve zu gebüh­ren­pflich­ti­gen Über­wei­sun­gen an, vor allem bei klei­nen Beträ­gen: «Theo­re­tisch kön­nen Sie 10 Rap­pen in Sekun­den­bruch­tei­len über Lan­des­gren­zen hin­weg an Ihre Gross­mut­ter schicken.»

Für Tai­wan beson­ders interessant

Eigent­lich müss­te ins­be­son­de­re Tai­wan am digi­ta­len Zah­lungs­mit­tel inter­es­siert sein, fin­det Nathan Kai­ser. So sei­en die Hür­den für inter­na­tio­na­le Trans­ak­tio­nen höher als in der Schweiz, das Finanz­sys­tem der ost­asia­ti­schen Insel inter­na­tio­nal weni­ger stark eingebunden.

Der Tai­wan-Dol­lar ist im Gegen­satz zum Schwei­zer Fran­ken auch nicht frei kon­ver­tier­bar. «Spe­zi­ell für Tai­wan wäre das digi­ta­le Zah­lungs­mit­tel eine poten­ti­el­le Alter­na­ti­ve zu her­kömm­li­chen Transaktionen.»

Ende des letz­ten Jah­res sorg­te der Chef der tai­wa­ni­schen Zen­tral­bank für Schlag­zei­len, als er sag­te, dass in Tai­wan kei­ne Bit­coin-ATM auf­ge­stellt wer­den dür­fen. Han­delt es sich bei Tai­wans ers­tem Bit­coin-Auto­ma­ten also um eine ille­ga­le Ein­rich­tung? Nein, sagt Nathan Kai­ser, schliess­lich sei die Maschi­ne kein Geld­au­to­mat. Bit­co­ins wür­den in Tai­wan nicht als Wäh­rung, son­dern als Ware ange­se­hen, wie etwa Flug­mei­len oder eine Café-Sam­mel­kar­te. Sol­che Ange­bo­te sei­en schliess­lich auch nicht verboten.

Wie ein Getränke-Automat

Inso­fern sei auch die Bezeich­nung ATM nicht ganz kor­rekt, kor­ri­giert er den Begriff, da ech­te Geld­au­to­ma­ten der Auf­sicht der Finanz­be­hör­de unter­stün­den. Der Bit­coin-Auto­mat im Cosi o Cosi sei recht­lich gese­hen eher mit einem Geträn­ke­au­to­ma­ten zu vergleichen.

Bei allen Vor­tei­len ber­gen Bit­co­ins auch Risi­ken, so geriet das digi­ta­le Zah­lungs­mit­tel zuletzt im Febru­ar in die Schlag­zei­len, als die in Japan regis­trier­te Bit­coin-Bör­se Mt. Gox bank­rott ging.

«Es ist immer noch eine Beta-Ver­si­on», sagt Nathan Kai­ser. Er sieht Bit­coin-Inves­ti­tio­nen wie das Pro­jekt eines Bekann­ten: «Inves­tie­ren Sie so viel, wie sie bereit sind im schlimms­ten Fall zu ver­lie­ren.» Wie hoch die­ser Betrag sein dür­fe, müs­se schluss­end­lich jeder für sich selbst entscheiden.

Zur Per­son
Nathan Kai­ser ist als Schwei­zer Rechts­an­walt in Shang­hai, Hong­kong und in Tai­peh tätig. Vor 15 Jah­ren kam Nathan Kai­ser nach Tai­wan, um Chi­ne­sisch zu ler­nen. Zusam­men mit John East­wood, Eve Chen und Xu Tian ist er Part­ner der Kanz­lei Eiger, mit Stand­or­ten in Tai­peh und Shang­hai, wo je 12 Anwäl­te beschäf­tigt sind.

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