Das unbehelligte Milliardengeschäft
In der Welt des Pachinko darf alles ein bisschen anders sein. Das japanische Glücksspiel, bei dem der Spieler mit einem Spezialdreher kleine Metallkugeln in einem Automaten in die richtigen Löcher zu lenken versucht, generiert jährlich umgerechnet 190 Milliarden Euro. Schätzungsweise 34’000 Berufsspieler gibt es. Eine Million Japaner gelten als süchtig (Asienspiegel berichtete).
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Es geht um viel Geld in dieser Branche. Pachinko wird jedoch nicht als Glücksspiel angesehen, denn dieses ist in Japan, mit Ausnahme der staatlichen Lotterie oder der Rennwetten, noch verboten. Stattdessen fällt Pachinko wie die Hostess Bars und Clubs unter das Unterhaltungsgesetz. Das hat für die Pachinko-Besitzer den lukrativen Vorteil, dass ausser der gewöhnlichen Unternehmenssteuer keine Spielsteuern zu entrichten sind. Das bedeutet aber auch, dass den Kunden kein Geld ausbezahlt werden darf.
So winken denn als Gewinne nur Sachpreise. Umgangen wird das Verbot, indem in unmittelbarer Umgebung einer Pachinko-Spielhalle die Preise diskret in Bargeld umgetauscht werden können. Damit der Schein der Gesetzmässigkeit gewahrt wird, sind diese Buden, welche die Sachpreise nach offizieller Lesart ankaufen, als Unternehmen vom Pachinko-Betrieb getrennt – zumindest vordergründig.
Spielen im Graubereich
Die Polizeit drückt bei diesem Vorgehen im gesetzlichen Graubereich seit Jahrzehnten ein Auge zu. Zu viele Interessen aus Politik, Wirtschaft und anderen Gruppierungen stecken hinter dem Pachinko-Spiel. Und so gehört das Glücksspiel mit den Automaten zu den Branchen, welche regelmässig am meisten Steuern hinterziehen.
Nun aber könnte es für die Pachinko-Besitzer ungemütlicher werden. Denn die japanische Politik möchte bis zu den Sommerspielen 2020 das Glücksspiel legalisieren. Wie in Macao oder Singapur soll in Tokio dereinst ein gigantischer Casino-Komplex zu stehen kommen, welcher der Metropole einen zusätzlichen Aufschwung verleihen und der Staatskasse viel Geld einbringen soll. Ein Gesetzesentwurf ist bereits ausgearbeitet (Asienspiegel berichtete).
Abe will die Casinos
Auch Premierminister Shinzo Abe steht hinter dem Projekt. Dies brachte er bei einem Besuch in Singapur Ende Mai zum erstem Mal zum Ausdruck. Die Casinos könnten zu einem Pfeiler seiner Wirtschaftswachstumsstrategie werden, sagte er damals laut der Mainichi Shimbun. Abe sieht die Casinos als Magnete für Touristen und Investitionen. Singapur hat vorgemacht, wie man mit gut konzipierten Casinos die Touristenzahlen in die Höhe schraubt.
Und so stellt sich für einige Abgeordnete der Regierungspartei zunehmend die Frage, ob im Falle eines neuen Glücksspielsgesetzes nicht auch Pachinko zwangsläufig stärker zur Kasse gebeten werden müsste. Laut der Sankei Shimbun wird das Thema in der japanischen Politik derzeit intensiv diskutiert.
Ein neues Gesetz könnte eine direkte Gewinnauszahlungen in den Pachinko-Hallen erlauben. Gleichzeitig würde eine Spielsteuer anfallen, die dem Staat Zusatzeinnahmen von geschätzten 1,5 Milliarden Euro einbringen würde. Eine verstärkte staatliche Aufsicht ist für die meisten Pachinko-Besitzer jedoch kaum ein attraktives Szenario.
Eine Branche ohne Zukunft?
Bis jedoch eine Spielsteuer eingeführt wird, kann noch eine Weile vergehen. Denn vorerst liegt der Fokus der Politik auf einer Umsetzung des Glücksspiel-Gesetzes. Dies wäre frühestens 2016 der Fall.
Für die Pachinko-Branche sind die Diskussionen um eine Spielsteuer derweil nicht das einzige Problem. Seit einigen Jahren verliert sie an Attraktivität. Ihre Kunden werden immer älter, die junge Generation verbringt ihre Zeit lieber mit Internet. Der landesweite Pachinko-Umsatz ist seit 1995 um 70 Prozent, die Zahl der Spielhallen auf rund 12’000 gesunken. Die goldenen Tage des Pachinko sind schon lange vorbei (Asienspiegel berichtete).
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