Das extravagante Hotel mit der goldenen Halle
REISENOTIZEN – In dieser Serie berichte ich von meiner Reise durch das herbstliche Japan – in chronologischer Reihenfolge.
Das extravaganteste Hotel Japans steht nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, in Tokio, sondern an der Küste des Onsen-Städtchens Shirahama in der ländlichen Präfektur Wakayama. Es ist das Hotel Kawakyu, das architektonisch völlig aus der Reihe tanzt und sinnbildlich für die hochfliegende Zeit der japanischen Wirtschaftsblase steht. Einst ein Ryokan aus der Taisho-Zeit (1912 – 1926), wurde es zwischen 1989 und 1991 von der Besitzerfamilie Hori zu einem völlig neuen Hotel umgebaut, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte. Sagenhafte 40 Milliarden Yen wurden in dieses Projekt investiert.
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs.
Exklusive Baumaterialien aus aller Welt, wie zum Beispiel die gleichen Dachziegel aus der Verbotenen Stadt, wurden dafür importiert und europäische Handwerker nach Shirahama eingeflogen. Entstanden ist ein eklektisches Bauwerk des Architekten Yuzo Nagata, dessen Kreativität keine Grenzen gesetzt waren. Von aussen wirkt das orangefarbene Hotel wie eine Mischung aus europäischer Burg und chinesischem Palast. Das auf drei Seiten umgebende Meer unterstreicht den mittelalterlichen Aspekt.
Die goldene Halle
Die Empfangshalle hat die Extravaganz einer Märchenvilla aus einem arabischen Märchen. Sie besteht aus einer riesigen, 14 Meter hohen und 45 Meter langen Halle mit 24 massiven Stuckmarmorsäulen, italienischen Mosaikböden, byzantinischen Mosaikwänden und einer gewölbten Decke mit 190’000 Blattgoldelementen, die vom berühmten französischen Kunsthandwerker Robert Gohard und seinem Team von Hand aufgetragen wurden. Gemäss Guinness Buch der Rekorde ist dies die grösste vergoldete Decke der Welt.
Am anderen Ende befindet sich ein Café mit venezianischen Kronleuchtern und sechs Meter hohen Glasfenstern mit Blick auf den Garten und das Meer.
Ein Kunstmuseum im Hotel
Eine elegante Wendeltreppe und luxuriöse Aufzüge führen hinauf in die Seitenflügel, die heute die Kunstsammlung der ehemaligen Besitzerfamilie beherbergen. Hier sind Werke so berühmter Künstler wie Dali und Chagall zu bewundern.
Das Museum, dessen Eintritt 1000 Yen kostet, bietet auch Zugang zu zwei Bankettsälen im europäischen und japanischen Stil. Der europäische Raum beeindruckt durch ein Deckengemälde des italienischen Künstlers Giorgio Celiberti. Bei allen Zimmern handelt es sich um elegante Suiten in ganz unterschiedlichen Stilen.
Der äussere Eingangsbereich des Hotels besteht derweil aus japanischem Tosa-Putz, der auch in der Burg von Kochi verwendet wurde. Daneben thronen zwei riesige Kaninchen-Satuen des Bildhauers Barry Flanagan.
Das schnelle Ende und der Neustart
Ursprünglich war das Hotel Kawakyu den Reichen und Berühmten vorbehalten. Eine Mitgliedschaft begann bei 20 Millionen Yen. Eine Übernachtung kostete zwischen 100’000 und 600’000 Yen. Doch der Erfolg blieb aus. Japan steckte in der grössten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. 1995 musste das Hotel Konkurs anmelden und wurde von einer Onsen-Hotelkette für nur 3 Milliarden Yen, einem Bruchteil der Kosten, übernommen.
Diese sorgte dafür, dass das Hotel Kawakyu trotz vieler schwieriger Jahre, einschliesslich der Finanzkrise von 2008, nicht zu einer Bauruine wurde, sondern weiterhin im alten Glanz von 1991 erstrahlt. Heute steht es allen Gästen offen. Tatsächlich hat die ungewöhnliche Architektur nichts von ihrer eigentümlichen Faszination verloren. Das Hotel Kawakyu ist eine Traumwelt aus einer Zeit, in der alles möglich schien.
Ohne Abonnenten kein Asienspiegel
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs, der über 5000 kostenlos zugängliche Artikel bietet.
VORTEILE JAHRES-ABO
Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren.
- Zahlungsmittel: Master, Visa, PayPal, Apple Pay, Google Pay
- Für TWINT bitte via Asienspiegel Shop bezahlen
- Für Banküberweisung hier klicken