Das Haareschneiden in der Finanzkrise
An jeder grösseren Bahnstation sind die kleinen Läden mit grossen offenen Fensterscheiben zu sehen. Haareschneiden: 1000 Yen für 10 Minuten, steht hier in grossen Lettern. Willkommen bei der QB House-Ladenkette. Dem billigsten Friseur Japans, der zum Schreck aller Barbiere und Hairstylisten geworden ist. In Japan ist ein regelrechter Krieg der Friseure ausgebrochen, zwischen den qualitativ Hochstehenden und den Billiganbietern.
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs.
Vor 10 Jahren hat das Unternehmen QB Net, welches die Kette besitzt und betreibt, seinen ersten Salon im Tokioter Kanda-Quartier eröffnet. Ähnlich wie die Billigmodeläden verstand das Kleinunternehmen den damaligen Zeitgeist richtig. Japan war inmitten des verlorenen Jahrzehnts, die Deflation hielt die Insel in Atem, die üppigen Zeiten des Luxus schienen nach dem Platzen der Spekulationsblase Ende der 1980er endgültig vorbei. Eine ganze Generation junger Leute musste sich an das Leben als Teilzeitangestellte gewöhnen.
Billiges Haareschneiden in effizienten 10 Minuten war das perfekte Angebot für die Menschen, die auf ihren Geldbeutel Acht geben mussten. Um einen solch billigen Preis überhaupt anbieten zu können, musste sich QB Net von unnötigen Fixkosten lösen. Shampoo und Waschbecken mussten weichen. Stattdessen setzte man auf einen Vakuumschlauch, der die Haarreste auf dem Kopf rudimentär wegsaugt. Ein weiterer Vorteil war, dass QB Net sich somit an Orten einmieten konnte, wo es an Wasseranschlüssen fehlte. Die Bahnstationen mit viel Laufvolk boten sich als perfekter Standort an.
Widerstand nimmt zu
Heute, zehn Jahre später, ist QB Net eine Erfolgsgeschichte. Täglich schneidet das Unternehmen 30’000 Kunden die Haare. Die erneute Finanzkrise kommt der Friseur-Kette entgegen. Doch mit dem Erfolg kommt der Neid. Die alteingesessenen Barbiere haben begonnen sich zu wehren. Organisiert im Verband der Friseure stellen sie die Hygiene der QB Net-Läden in Frage (Asienspiegel berichtete).
Ohne Wasser sei die Gesundheit der Kunden in Gefahr, gerade in Zeiten der Schweinegrippe: «Ein Waschbecken ist die Mindestausstattung in unserer Branche», argumentiert ein Pressesprecher des Verbandes. Die Kritik zeigt Wirkung. In 19 Präfekturen wurde bereits eine Verordnung in Kraft gesetzt, die zwingend ein Waschbecken in jedem Friseur-Salon vorschreibt.
«Wirklich verärgert»
QB Net wehrt sich gegen diese Vorwürfe, denn eine landesweite Verordnung in dieser Art wäre der Todesstoss für den Discounter. Die Hygiene sei keineswegs in Gefahr. Wichtig sei, dass in der Hauptstadt, wo QB Net den grössten Umsatz verbucht, keine entsprechende Verordnung erlassen werde. Sonst sei man «wirklich verärgert». Für den Billigdiscounter gibt es aber auch einen Hoffnungsschimmer. In 5 Präfekturen, unter anderem im Grossraum Osaka, wurde die Klage der Barbiere abgewiesen. In weiteren 23 Präfekturen gibt es noch keine entsprechende Verordnung.
Ohne Abonnenten kein Asienspiegel
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs, der über 5000 kostenlos zugängliche Artikel bietet.
VORTEILE JAHRES-ABO
Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren.
- Zahlungsmittel: Master, Visa, PayPal, Apple Pay, Google Pay
- Für TWINT bitte via Asienspiegel Shop bezahlen
- Für Banküberweisung hier klicken