«Japan wird zum Sündenbock gemacht»
Akio Toyodas Gang nach Washington hat nicht nur in den USA viel Empörung ausgelöst (Asienspiegel berichtete). Sätze wie es sei ein «sehr beschämender Tag für Toyota und seine Mitarbeiter» des US-Kongress-Abgeordneten John Mica haben in Japan einen unangenehmen Beigeschmack hinterlassen.
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«In der japanischen Bevölkerung gibt es den Glauben, dass Japan zum Sündenbock für die wirtschaftlichen Probleme der USA gemacht wird», sagte Jeffrey Kingston von der Temple University in Japan gegenüber der Los Angeles Times.
«Viele Japaner sehen in diesen Anhörungen eine effiziente Methode für die USA Toyota eins auszuwischen, um General Motors und Chrysler die Möglichkeit zu geben, Marktanteile zurückzugewinnen», führt Koji Endo vom Tokioter Marktforschungsunternehmen Advanced Research Japan aus. Die Tatsache, dass die US-Regierung seit letztem Jahr der grösste Aktionär von General Motors ist, bestätigt viele Japaner in dieser Ansicht.
Die Entgegnungen
Amerikanische Experten halten diese Theorie jedoch für nicht haltbar. Das Prinzip der öffentlichen Verhöre in Washington gilt immerhin für alle Firmen in den USA, die sich etwas zu Schulden kommen lassen haben. Erst gerade mussten sich die Banken der Wall Street die Leviten lesen lassen.
Auch bei der Rettungsaktion für General Motors und Chrysler musste sich das Management von den Politikern anhören lassen, komplett versagt zu haben. Zudem habe die nun arg kritisierte Verkehrsbehörde in den USA schon Jahre vor der General Motors-Übernahme Untersuchungen zu möglichen Problemen beim Gaspedal in Autos von Toyota in Angriff genommen.
«Es geht hier nicht um Politik, sondern um die Sicherheit», will Kurt Bardella, Pressesprecher des republikanischen Abgeordneten Darrell Issa betont haben. Die Theorie, dass man mit dem Toyota-Ausschuss amerikanische Unternehmen unterstütze sei schlichtweg «idiotisch». Auch Toyota-Vertreter in den USA halten nichts vom Japan-Bashing: «Ich glaube die US-Regierung handelt in dieser Sache fair», betont Jim Lentz von Toyota USA.
Japans ungutes Gefühl
In Japan verhallen solche Argumente nicht selten ungehört. Der rüde Umgang der amerikanischen Politik mit Toyota ist für viele ein Überbleibsel der anti-japanischen Hysterie der 1980er-Jahre, als Japan die USA wirtschaftlich zu überflügeln drohte.
«Es scheint mir so als ob bei diesen Anhörungen Gefühle eine Rolle gespielt haben», gibt Masahiro Fukuda vom Verlagsunternehmen Fourin Inc., das sich auf die Autoindustrie spezialisiert hat, zu bedenken.
Auch in den USA fragen sich einige, ob es hier nicht doch um viel Eigeninteresse der USA handelt. «Das ist ein Punkt, den wir nicht missachten können», sagt Mark Zupan Dekan der Universität Rochester. Würde die Regierung mit jedem Autohersteller in Schwierigkeiten so verfahren, kämen die Anhörungen nie zu einem Ende. «Hier handelt es sich nicht um einen unparteiischen Ausschuss.» Trotzdem habe Toyota die Sache verschlimmert, indem das Unternehmen die Probleme nicht genug aggressiv angegangen sei, erklärt Mark Zupan weiter.
Die emotionalen Reaktionen der Japaner auf die amerikanischen Methoden erklären sich damit, dass Toyota ein Unternehmen mit viel Identifikationspotential ist. Toyotas Erfolg der letzten Jahrzehnte steht symbolisch für den Wiederaufstieg Japans nach dem verlorenen Weltkrieg. «Toyotas Reaktion auf die Probleme haben einen Einfluss auf die nationalen Interessen Japans», erklärt ein 67-jähriger japanische Pensionär das Problem gegenüber der Los Angeles Times.
Auch Probleme in Japan
Masahiro Fukuda vom Verlagsunternehmen Fourin Inc. will aber auch betont haben, dass Toyota selbst für die Probleme verantwortlich sei: «Wenn es um die Problem des durchschnittlichen Konsumenten ging, war Toyota nicht sensibel genug.»
Das Problem mit dem klemmenden Gaspedal hat längst schon Japan erreicht. Laut den japanischen Behörden gab es bereits 38 Beschwerden wegen einer plötzlichen Beschleunigung in ihren Toyota-Wagen. Auch in Japan wird sich Toyota noch einige Male öffentlich entschuldigen müssen.
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