In Sapporo schlägt die zweite grosse Covid-19-Welle zu
Eigentlich dachte man in Hokkaido, dass das Schlimmste schon lange überstanden sei. Noch im Februar breitete sich das neuartige Coronavirus auf der japanischen Nordinsel rasant aus. Aus diesem Grund rief der Gouverneur am 28. Februar den ersten Covid-19-Notstand im Land aus (Asienspiegel berichtete). Die Massnahme zeigte Wirkung. Am 19. März war die erste Welle abgeflacht und der Notstand für beendet erklärt. Dann beruhigte sich die Lage und so machte man sich daran, die angeschlagene Wirtschaft wieder in die Gänge zu bringen.
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Die stabile Lage in Hokkaido mit nur vereinzelten Neuinfektionen hielt knapp drei Wochen an. Dann nahm das Tempo der Neuinfektionen wieder zu. Am 12. April wurde abermals der Notstand in Hokkaido ausgerufen (Asienspiegel berichtete). Vier Tage später erklärte die Zentralregierung in Tokio den landesweiten Ausnahmezustand, vorläufig bis zum 6. Mai 2020.
Die zweite Welle ist noch viel grösser
Die Lage in Hokkaido hat sich seither nicht mehr beruhigt, ganz im Gegenteil. Seit zwei Wochen werden täglich 20 bis 40 neue Covid-19-Fälle registriert. Gestern waren es sogar 41. Dieses Mal verläuft die Kurve wesentlich steiler als beim ersten Mal (siehe Grafik). Bei der ersten Welle zwischen dem 28. Februar und 19. März stieg die Zahl der Neuansteckungen von 66 auf 157 an. Bei der zweiten Welle hat sich die Zahl innerhalb von drei Wochen mehr als verdreifacht, von 208 auf gestern 763. Eine Abflachung der Kurve ist noch nicht in Sicht. Die Dunkelziffer ist vermutlich hoch. Denn auch hier gilt, dass fast nur Personen getestet werden, die schon klare Symptome aufweisen. Gerade mal 6589 Tests wurden auf der Nordinsel bislang durchführt.
Die Lokalregierung bittet ausdrücklich, während der jetzigen Golden Week nicht nach Hokkaido zu reisen. Die Präfekturbewohner sollen von Ausflügen nach Sapporo absehen. «Stay home» ist die Devise.
Hokkaido ist somit ein weiteres Mal neben Tokio der Covid-19-Hotspot des Landes. Besonders auffällig ist, dass die meisten Fälle in der Hauptstadt Sapporo registriert werden. In der Millionenstadt breitet sich das neuartige Virus rasant aus. Viele Fälle können nicht mehr zurückverfolgt werden. Auf der Nordinsel spricht man von «der grossen zweiten Welle».
Die Gründe für die zweite Welle
Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen? Es scheint eine Mischung zwischen Pech und Nachlässigkeit gewesen zu sein. Das Ende des ersten Notstandes in Hokkaido kam zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Just in jenen Tagen begann im Rest des Landes die Krise, insbesondere in Tokio. Zugleich war es das Ende des Schul- und Geschäftsjahres. Studenten reisten zur Universität, Berufstätige zur neuen Stelle, die letzten Reisenden kamen zurück. Zwischen der Hauptstadtregion und Sapporo kam es zu einer intensiven Reisetätigkeit. Es stellte sich später heraus, dass viele Neuinfizierte nur wenige Tage zuvor in Tokio waren. Das Virus hatte so den Weg zurück in den Norden des Landes gefunden.
Zugleich spielte der Glaube, dass das Schlimmste in Hokkaido bereits vorbei sei, ebenfalls eine Rolle. So vermeldete Sapporo am 13. April, dass rund 40 Prozent der Neuerkrankungen auf abendliche Restaurantbesuche zurückzuführen waren. In Japans Geschäftswelt gehört es zum guten Ton, mit den Kollegen nach der Arbeit essen und trinken zu gehen. Trotz der lauernden Corona-Gefahr waren die Bars und Restaurants noch lange zum Bersten voll. Es waren perfekte Infektionsherde.
Der Fall Hokkaido zeigt exemplarisch, dass nach einer ersten Welle die Covid-19-Krise nicht ausgestanden ist. Eine Portion Nachlässigkeit, etwas zu viel Hektik, ein bisschen Corona-Müdigkeit und schon sind die Bemühungen zunichte.
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