Ryokan ohne Mahlzeiten
Das Ryokan ist die traditionelle japanische Herberge und ein wesentlicher Bestandteil der kulturellen Identität und Gastfreundschaft. Es bietet ihren Gästen ein ganzheitliches Erlebnis: vom entspannenden Onsen-Bad bis zur Übernachtung auf einer Futon-Matratze in einem traditionellen Tatami-Zimmer. Die Gäste tragen während ihres Aufenthaltes Yukata, einen leichten Kimono, der vom Ryokan zur Verfügung gestellt wird, und erleben so die einzigartige Übernachtungskultur Japans. All dies findet idealerweise in einer malerischen, ländlichen Umgebung statt.
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Ein zentraler Bestandteil des Ryokan-Erlebnisses ist das kulinarische Angebot, das typischerweise ein mehrgängiges Abendessen mit saisonalen und regionalen Zutaten sowie ein traditionelles japanisches Frühstück umfasst. Für viele Japanerinnen und Japaner ist gerade das abendliche Kaiseki-Essen, eine kunstvolle Darbietung lokaler Spezialitäten, der Höhepunkt ihres Aufenthaltes.
Herausforderungen und Anpassungen
Hingegen stösst das Prinzip der Halbpension bei internationalen Gästen nicht immer auf Begeisterung. Die festen, teilweise sehr frühen Essenszeiten und die Auswahl der Speisen können für ausländische Gäste mit anderen Geschmacksvorlieben oder Lebensgewohnheiten eine Barriere darstellen. Hinzu kommen finanzielle Erwägungen. Denn gerade wegen der Halbpension ist ein Ryokan immer etwas teurer.
Aus diesen Gründen haben einige Ryokan in den letzten Jahren begonnen, ihr Angebot zu flexibilisieren, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Vorlieben ihrer internationalen Gäste besser gerecht zu werden. Einige bieten inzwischen die Möglichkeit, Mahlzeiten auszulassen oder ganz auf Verpflegung zu verzichten, was im Japanischen als sudomari – Übernachtung ohne Verpflegung – bezeichnet wird. Die Halbpension bleibt jedoch mit Abstand der Standard.
Kinosaki-Onsen
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Anpassung an diese modernen Bedürfnisse ist Kinosaki-Onsen, ein historischer Badeort in der Präfektur Hyogo, der für seine sieben öffentlichen Bäder bekannt ist. Im Yukata gekleidet können Besucher zwischen den verschiedenen Bädern flanieren (Asienspiegel berichtete).
Seit 2011 ist dort die Zahl der ausländischen Besucher um das 55-fache gestiegen. Ein wesentlicher Faktor für diesen Erfolg ist die zunehmende Bereitschaft der Ryokan, Übernachtungen ganz ohne Verpflegung anzubieten. Derzeit bieten 10 Ryokan in Kinosaki dieses Modell an, Tendenz steigend. Diese Option ermöglicht es den Gästen, ihre Mahlzeiten flexibel zu gestalten, sei es durch den Besuch lokaler Restaurants oder den Einkauf im nahegelegenen Minimarkt.
Flexiblere Ryokan
Diese Anpassung trägt nicht nur den Bedürfnissen der internationalen Touristen Rechnung, sondern ist auch eine Reaktion auf den akuten Arbeitskräftemangel in Japan. Viele Ryokan können nur durch die Reduzierung des Serviceangebots weiterbetrieben werden. Auf diese Weise profitieren beide Seiten, Ryokan und Touristen, von dieser Umstellung. Für Kinosaki ist das Ryokan ohne Verpflegung sogar zum Erfolgsgeheimnis geworden.
Während die Bewahrung der kulturellen Authentizität weiterhin im Vordergrund steht, scheint die Bereitschaft zur Innovation entscheidend für die Zukunft dieser traditionellen Gasthäuser zu sein. Allerdings ist dieses Modell nicht überall anwendbar. Viele Ryokan befinden sich in abgelegenen ländlichen Gebieten, wo Restaurants oder Supermärkte oft weit entfernt sind.
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