Kri­mi um das AKW Oi

Alles dreht sich zurzeit um das AKW Oi.
Alles dreht sich zur­zeit um das AKW Oi. Screen­shot: ANN News

Japans Pre­mier­mi­nis­ter Yoshi­hi­ko Noda plant noch vor den heis­sen Som­mer­mo­na­ten das Wie­der­hoch­fah­ren von 2 Reak­to­ren des AKW Oi in der Prä­fek­tur Fukui. In Japan läuft seit dem 6. Mai 2012 kein ein­zi­ges Kern­kraft­werk mehr. Die Lokal­re­gie­run­gen wei­ger­ten sich bis­lang, die offi­zi­ell für Unter­halts­ar­bei­ten her­un­ter­ge­fah­re­nen Reak­to­ren wie­der in Betrieb zu nehmen.

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Noda begrün­det der­weil sei­ne Hal­tung mit der wirt­schaft­li­chen Not­wen­dig­keit. «Die japa­ni­sche Wirt­schaft und der japa­ni­sche Lebens­stil wür­den einen sofor­ti­gen Aus­stieg aus der Atom­ener­gie nicht ver­tra­gen», argu­men­tier­te er Ende Mai (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Auch Kan­sai Elec­tric Power, der Betrei­ber des AKW Oi, pocht auf eine schnel­le Lösung, da ansons­ten der Regi­on Kan­sai mit der Gross­stadt Osa­ka eine Ver­sor­gungs­lü­cke drohe.

Die Chan­cen für Noda stan­den gut. Am 30. Mai 2012 unter­schrie­ben 9 Gou­ver­neu­re und ver­schie­de­ne Bür­ger­meis­ter der betrof­fe­nen Regi­on Kan­sai eine Erklä­rung, in der sie sich bereit erklär­ten, die zwei in Fra­ge kom­men­den Reak­to­ren des AKW Oi «pro­vi­so­risch» wie­der anzu­schal­ten. Selbst der ein­fluss­rei­che Bür­ger­meis­ter von Osa­ka, Toru Hash­i­mo­to, gab sei­nen Wider­stand gegen Tokio auf und erklär­te sich bereit, die Reak­to­ren zumin­dest für die heis­sen Som­mer­mo­na­te lau­fen zu lassen.

Wider­stand aus zwei Nachbarpräfekturen

Doch so klar scheint die Sache nicht mehr zu sein. Die Gou­ver­neu­rin von Shi­ga, Yuki­ko Kada, und ihr Amts­kol­le­ge in Kyo­to, Kei­ji Yama­da, haben inzwi­schen ihre Unter­schrift zur Erklä­rung prä­zi­siert, wie NHK News berich­tet. In einer eigens anbe­raum­ten Pres­se­kon­fe­renz haben die Gou­ver­neu­re der Nach­bar­prä­fek­tu­ren von Fukui eine Zusatz­er­klä­rung prä­sen­tiert, die neue For­de­run­gen an die Regie­rung in Tokio stellt.

So soll Pre­mier Noda ver­si­chern, dass ein Wie­der­hoch­fah­ren des AKW Oi nur tem­po­rär sei. Der AKW-Betrieb soll nur erlaubt sein, wenn ein aku­ter Strom­man­gel herr­sche. Dar­über hin­aus for­dern sie von der Regie­rung einen kla­ren Fahr­plan zum Atom­aus­stieg, um die Ängs­te in der Bevöl­ke­rung zu beseitigen.

Die Gou­ver­neu­re Kada und Yama­da hat­ten schon zuvor ihre Sor­gen bezüg­lich einer Wie­der­in­be­trieb­nah­me zum Aus­druck gebracht (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Nach der über­ra­schen­den Unter­zeich­nung vom 30. Mai wand­ten sich offen­sicht­lich zahl­rei­che Wäh­ler aus Ent­täu­schung von ihnen ab. Aus die­sem Grund erfolg­te nun die Kehrtwende.

Gouverneurin Yukiko Kada aus Shiga und der Amtskollege aus Kyoto, Keiji Yamada
Gou­ver­neu­rin Yuki­ko Kada aus Shi­ga und der Amts­kol­le­ge aus Kyo­to, Kei­ji Yama­da Screen­shot: ANN News

Wider­stand in der eige­nen Partei

Der Rück­halt für den Pre­mier in der AKW-Fra­ge ist zudem in sei­ner eige­nen Par­tei nicht unge­bro­chen. Gemäss der Tokyo Shim­bun zei­gen sich über 120 von 393 Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­te der regie­ren­den Demo­kra­ti­schen Par­tei (DPJ) besorgt über das Wie­der­hoch­fah­ren von Atom­re­ak­to­ren. Sie fürch­ten, dass ihre Wäh­ler­ba­sis mit einem ent­spre­chen­den Ent­scheid noch wei­ter dahin­schwin­den würde.

«Gemäss Umfra­gen glaubt eine Mehr­heit der Bevöl­ke­rung, dass wir den Som­mer mit Ener­gie­spar­mass­nah­men und Strom­trans­fers zwi­schen den Regio­nen über­ste­hen kön­nen», schrei­ben sie in einer Peti­ti­on an Par­tei­kol­le­gen und Pre­mier­mi­nis­ter Noda. Zu den Unter­zeich­nern gehö­ren Abge­ord­ne­te wie Sato­shi Arai, ehe­ma­li­ger natio­na­ler Stra­te­gie­mi­nis­ter, sowie Teruhi­ko Mashi­ko, ehe­ma­li­ger Vize-Minis­ter für Wirtschaft.

Aus Rück­sicht auf die Gefüh­le der 160’000 Betrof­fe­nen der Kata­stro­phe von Fuku­shi­ma sol­le er sei­nen AKW-Ent­scheid mit gröss­ter Vor­sicht behan­deln. Zudem herr­sche in der Par­tei und in der Bevöl­ke­rung nicht genü­gend Einig­keit in die­ser Fra­ge, heisst es wei­ter. Gemäss einer Umfra­ge ist eine Mehr­heit der Japa­ner gegen eine Wie­der­in­be­trieb­nah­me des AKW Oi (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Zwei­fel an den Sicherheitsmassnahmen

Auch ein Arbeits­team der Demo­kra­ti­schen Par­tei, das sich mit der AKW-Fra­ge befasst hat, kommt zu einem ähn­li­chen Schluss wie die Abge­ord­ne­ten. Die Kata­stro­phen­ver­hü­tung im Fal­le eines AKW-Unfalls wür­den immer noch dem Sta­tus vor der Kata­stro­phe von Fuku­shi­ma ent­spre­chen und sei­en daher ungenügend.

Kei­ne vom AKW Oi ange­kün­dig­te Sicher­heits­mass­nah­men sei­en bis­lang umge­setzt (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Der Schutz der Bevöl­ke­rung sei daher nicht gewähr­leis­tet. Zudem hin­ter­las­se die Regie­rung mit ihrem Vor­ge­hen den Ein­druck, die Sache erzwin­gen zu wol­len, lau­te­ten gemäss NHK News die Voten in der Arbeitsgruppe.

Neue For­de­rung des Gouverneurs

Das Züng­lein an der Waa­ge spielt wei­ter­hin Gou­ver­neur Issei Nis­hi­ka­wa von der Prä­fek­tur Fukui, wo das AKW Oi steht. Bei einer Unter­re­dung mit Atom­mi­nis­ter Goshi Hoso­no for­der­te er von Pre­mier­mi­nis­ter Yoshi­hi­ko Noda, sich per Pres­se­kon­fe­renz direkt an die Bevöl­ke­rung zu wen­den, um sie von der Not­wen­dig­keit des Atom­stroms zu über­zeu­gen, wie die Chu­go­ku Shim­bun schreibt. Eine Erklä­rung an Poli­ti­ker und Kabi­netts­mit­glie­der rei­che nicht aus.

Die Prä­fek­tur Fukui unter­hält die meis­ten Reak­to­ren im Land; gan­ze 14 sind es. Die Regi­on ist wirt­schaft­lich abhän­gig vom Atom­strom. Das weiss der Gou­ver­neur, der zwi­schen den Wirt­schafts­in­ter­es­sen und den Sor­gen in der Bevöl­ke­rung abwä­gen muss. Des­halb for­dert er kla­re Zusa­gen vom Pre­mier bezüg­lich der Sicher­heit, aber auch bezüg­lich des wei­te­ren Vor­ge­hens in der Atom­po­li­tik. Ledig­lich eine pro­vi­so­ri­sche Wie­der­in­be­trieb­nah­me kommt für ihn nicht in Fra­ge. Es ist genau die gegen­tei­li­ge Hal­tung sei­ner Kol­le­gen in Shi­ga und Kyoto.

Dadurch könn­te sich ein Ent­scheid um das AKW Oi bis Mit­te Juni ver­zö­gern. Da es für die vol­le Wie­der­in­be­trieb­nah­me eines Reak­tors bis zu einem Monat dau­ert, erhöht sich nun die Wahr­schein­lich­keit, dass die Regi­on Kan­sai zu Beginn der heis­sen Som­mer­mo­na­te, in denen der Ener­gie­be­darf beson­ders hoch ist, ganz ohne Atom­strom aus­kom­men muss. Es sind heis­se Tage für Pre­mier Noda.

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