Japan mustert weiteres AKW aus

Offiziell möchte Japans Regierung wieder zurück zur Atomenergie, auch wenn sich seit Jahren eine Mehrheit der Bevölkerung dagegen ausspricht (Asienspiegel berichtete). Die AKW sollen mittelfristig mindestens 20 Prozent der Stromproduktion des Landes abdecken, so das Ziel. Doch vieles läuft für die Regierung nicht wie gewünscht. Die Ausmusterung alter Reaktoren kommt zurzeit schneller voran als das Wiederhochfahren der noch betriebsfähigen, zurzeit aber abgeschalteten Reaktoren.
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So hat Shikoku Electric Power diese Woche angekündigt, Reaktor Nummer 1 im AKW Ikata in der Präfektur Ehime endgültig stillzulegen, wie die Sankei Shimbun berichtet. Der Entscheid basiert auf Kostenüberlegungen. Der 1977 erbaute Reaktor war zu alt, um ihn den neuen Sicherheitsanforderungen anzupassen. 170 Milliarden (1,3 Mia Euro) hätte dies gekostet. Für Shikoku Electric Power war dies zu viel. Die Ausmusterung wird schätzungsweise 30 Jahre dauern und 40 Milliarden Yen (320 Mio Euro) kosten.
Sechste Ausmusterung
Es ist bereits der sechste Reaktor innerhalb von rund einem Jahr, der stillgelegt wird (Asienspiegel berichtete). Somit sind in Japan offiziell noch 42 Reaktoren theoretisch betriebsfähig. Vor dem Unfall in Fukushima waren es 54. Strom produzieren zurzeit aber lediglich die zwei Reaktoren im AKW Sendai bei Kagoshima.
Die Anfang Jahr wieder hochgefahrenen Reaktoren 3 und 4 im AKW Takahama mussten wieder abgeschaltet werden, nachdem ein Gericht die ausgearbeiteten Notfall- und Evakuierungsmassnahmen als ungenügend erachtete (Asienspiegel berichtete). Erstmals überhaupt hatte ein Gericht somit einen Stopp eines AKW angeordnet, das nach bestandenen Sicherheitsprüfungen wieder in Betrieb genommen wurde.
Hohe Hürden
Nach dem AKW-Unfall in Fukushima 2011 wurden schrittweise alle AKW aus Sicherheitsgründen abgeschaltet. Die Sicherheitsanforderungen wurden in der Folge verschärft und mit der Nuklearen Regulierungsbehörde (NRA) eine neue Behörde geschaffen, die unabhängig über das Wiederhochfahren eines Reaktors entscheidet. Die Strombetreiber investieren seither Milliarden in die Aufrüstung. Aktuell prüft die NRA 25 Reaktoren auf ihre Sicherheit.
Doch wie sich nun zeigt, ist dieser Prozess äusserst langwierig. Die formalen wie auch die juristischen Hürden sind hoch. Zurzeit ist die Regierung weit weg vom Ziel, den Atomstromanteil wieder auf 20 Prozent der gesamten Strompoduktion zu erhöhen. Gleichzeitig nähern sich in Japan immer mehr Reaktoren der kritischen Altersschwelle von 40 Jahren.
Alle Kernkraftwerke, die man über diese Laufzeit hinaus weiter benutzen will, erfordern eine Ausnahmebewilligung, die eine Verlängerung des Betriebs von maximal 20 Jahren ermöglicht. Hierfür muss die NRA jedoch grünes Licht geben. Doch dies ist gewöhnlich mit derart viel Aufwand verbunden, dass die Betreiber – wie im Fall des Reaktors Nummer 1 im AKW Ikata – lieber vorzeitig den Stecker ziehen.
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