Japans Strategie der «Travel Bubbles»
Covid-19- in Japan: Ein Rückblick auf Ereignisse, die das Land in der Woche vom 22. bis 28. Juni 2020 beschäftigt haben.
MONTAG: Die Rückkehr der Zuschauer
Auch in Japan nimmt der Profisport seinen Betrieb wieder auf. Am vergangenen Freitag wurden die ersten Baseball-Spiele abgehalten, am 4. Juli folgen die Fussballer der J-League. Vorerst finden die Spiele ohne Zuschauer statt. Doch das könnte sich sehr bald schon ändern. Bereits ab dem 10. Juli sollen Zuschauer wieder erlaubt sein, jedoch mit Einschränkungen. Maximal 5000 Menschen dürfen sich dann ein Spiel vor Ort anschauen. Sollte ein Stadion weniger Zuschauer fassen, dann gilt die Regel, dass 50% Prozent der Plätze besetzt werden dürfen. Ausserdem werden die Zuschauer eine ganze Reihe an Schutzmassnahmen einhalten müssen. Seit dem 19. Juni dürfen in Japan wieder Veranstaltungen mit maximal 1000 Personen stattfinden.
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DIENSTAG: Japans Contact-Tracing-App
Zeitgleich mit der Aufhebung der Warnung für Inlandsreisen hat Japan seine Contact-Tracing-App COCOA lanciert (Asienspiegel berichtete). Diese funktioniert nach demselben Prinzip wie die schweizerische App, dezentral und unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Nutzer, die positiv auf Covid-19 getestet werden, erhalten vom Gesundheitsministerium eine ID-Nummer, mit der sie alle registrierten nahen Begegnungen – maximal 1 Meter Distanz über einen Zeitraum von mindestens 15 Minuten – der vergangenen 14 Tage anonym benachrichtigen können. Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung gibt es jedoch erste Probleme. Offenbar bestätigt die App nicht nur ID-Nummern vom Gesundheitsministerium, sondern auch erfundene Zahlenkombinationen mit «Abgeschlossen». Immerhin wird bei der fiktionalen Zahl kein falscher Alarm ausgelöst. Trotzdem hat das Gesundheitsministerium entschieden, für den Moment keine ID-Nummern auszuhändigen bis dieser Software-Defekt behoben ist. Ein Update soll nächste Woche erfolgen. Nach fünf Tagen haben 3,71 Millionen Nutzer die App heruntergeladen. Für einen effektiven Nutzen müssten jedoch 60 Prozent der Bevölkerung COCOA benutzen, also rund 75 Millionen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist noch viel zu tun – auch bezüglich der Fehlerbehebung.
MITTWOCH: Japans erster «Travel Bubble»
Japan startet mit dem ersten Versuch einer sanften Grenzöffnung. Am 25. Juni startet hierzu die erste von drei gecharterten Vietnam Airlines- Maschine von Japan nach Vietnam fliegen. Insgesamt 440 japanische Geschäftsleute machen davon Gebrauch. Es müssen jedoch klare Regeln eingehalten werden. Vor dem Abflug und nach der Ankunft müssen sich die Passagiere auf Covid-19 testen lassen. Ausserdem müssen sie einen detaillierten Reiseplan mit allen Aufenthaltsorten der Einwanderungsbehörde vorlegen. In Vietnam müssen die ankommenden Passagiere zudem 14 Tage in einem Hotel in Quarantäne gehen. Im Gegenzug dürfen auch bald wieder vietnamesische Geschäftspersonen nach Japan reisen. Auch mit Thailand strebt Japan eine ähnliche Lösung an. Mit Australien und Neuseeland finden ebenfalls Gespräche statt. Solche «Travel Bubbles» sind erste Testballone. Für Touristen wird es jedoch noch länger dauern bis sie wieder nach Japan einreisen dürfen.
DONNERSTAG: Ein Monat danach
Vor einem Monat wurde der landesweite Covid-19-Notstand in Japan aufgehoben. Seither kam es in Japan zu 1528 Neuansteckungen, wovon rund 748 in Tokio stattgefunden haben. Derweil gibt es 17 Präfekturen, die gar keinen einzigen Fall mehr verzeichnet haben. Die japanische Hauptstadt und die umliegenden Präfekturen bleiben somit der Hotspot, der unter ganz besonderer Beobachtung steht. Aktuell steigen die Covid-19-Fälle in Tokio selber – ähnlich wie in der Schweiz – wieder leicht an. Am heutigen Donnerstag vermelden die Behörden 48 neue Infizierte. Auch in den Flughäfen werden seit Ende des Covid-19-Notstandes mehr Neuansteckungen unter Einreisenden festgestellt. In den vergangenen vier Wochen waren es 131. Das sind vier Mal mehr als im Vormonat.
FREITAG: Der Abschluss von Abenomask
Am 1. April 2020 verkündete Shinzo Abe, dass jeder Haushalt im Land zwei waschbare Masken vom Staat erhalten würde (Asienspiegel berichtete). Man wolle diese schnellstmöglich zustellen. Die Covid-19-Krise hatte einen ersten Höhepunkt erreicht. Dem Inselstaat fehlte es an genügend Masken. Doch das Geschenk des Staates stiess in der Bevölkerung nur begrenzt auf Verständnis. Viele dachten, es handle sich um einen Aprilscherz. Andere fragten sich, weshalb die Regierung für eine solche Aktion so viel Geld ausgibt? Und wieso eigentlich nur zwei? Die Kritik im Internet folgte prompt. Schnell war die Rede von «Abenomask» – eine Parodie auf den Begriff «Abenomics» (Asienspiegel berichtete). Für viele war die Maske zudem zu klein. Schliesslich kam die Erkenntnis, dass die Lieferung mehr Zeit beanspruchen würde als ursprünglich geplant war. Nun, über zwei lange Monate später, hat der letzte Haushalt das Maskengeschenk erhalten. Für die meisten kommt dies zu spät. Denn der Maskenmangel ist schon lange behoben. 26 Milliarden Yen, umgerechnet 216 Millionen Euro, kostete diese Aktion den Staat. Ob dies gut investiertes Steuergeld war, wagen nicht wenige zu bezweifeln.
WOCHENENDE: EU öffnet, Japan bleibt hart
Für die japanischen Touristen und Geschäftsleute gibt es gute Nachrichten. Sie dürfen voraussichtlich ab dem 1. Juli 2020 wieder in die EU- und Schengen-Staaten einreisen. Japan gehört zu den Ländern, die als sicher angesehen werden. Noch steht ein definitiver Entscheid seitens der EU aus. Umgekehrt wird es jedoch so schnell keine Öffnung geben. Japan erlaubt den EU-Bürgern weiterhin keine Einreise. Für die europäischen Staaten hält Japan eine Reisewarnung aufrecht. Ausserdem werden Japaner, die aus dem Ausland zurückkehren, am Flughafen getestet und müssen anschliessend zwei Wochen in Quarantäne. Eine Lockerung von der japanischen Seite ist zurzeit nicht absehbar. Man werde nicht aufgrund eines simplen Reziprozitätsprinzips eine Entscheidung fällen, stellte ein japanischer Regierungsoffizieller gegenüber der Nikkei Shimbun klar. Oder anders gesagt: Nur weil die EU die Grenzen wieder öffnet, bedeutet dies nicht, dass Japan dasselbe tut. Noch betrachtet Tokio die Covid-19-Lage in Europa als zu unsicher. Japan bleibt somit bei der Politik der Grenzöffnung in kleinen Schritten. Zunächst werden vietnamesische Geschäftsleute wieder einreisen dürfen. Mit Thailand will man ein ähnliches Abkommen schliessen.
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