Die Obento-Lunchbox für das Corona-Zeitalter
Obento, die japanische Lunchbox, ist ein fester Bestandteil der japanischen Esskultur. Diese kulinarischen Kunstwerke zum Mitnehmen sind im Kaufhaus, Supermarkt, in einem darauf spezialisierten Restaurant, im Flughafen oder im Bahnhof erhältlich. An letzterem Ort ist die Auswahl jeweils riesig. Die dort verkauften Lunchboxen nennt man sinngemäss Ekiben («Bahnhofs-Bento») (Asienspiegel berichtete). Sie sind die perfekte Begleitung für die längere Fahrt im Shinkansen oder im Limited-Express-Zug.
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Die Geschichte des Ekiben begann fast zeitgleich mit dem rasanten Ausbau des Eisenbahnnetzes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1877 sollen die ersten Ekiben verkauft worden sein. Heute sind diese Lunchboxen für den Zug auch ein kulinarisches Schaufenster für die Regionen. So werden in den Bahnhöfen oft lokale Spezialitäten angeboten. In den grossen Stationen ist die Auswahl unerschöpflich.
Das Ekiben in der Krise
Die Grundlage für den Erfolg des Ekiben ist das weitläufige Bahnnetz. Die Millionen Passagiere der Shinkansen und Limited-Express-Zügen haben diesem Geschäft zur Blüte und zur Vielfalt verholfen. Die aktuelle Corona-Krise stellt nun auch diese Branche vor neue Herausforderungen. Denn sämtliche JR-Bahnfirmen kämpfen seit Monaten mit rückläufigen Passagierzahlen.
Der zeitweilige Notstand führte dazu, dass viele Shinkansen während der Golden Week leer blieben (Asienspiegel berichtete). Diese Entwicklung ging nicht spurlos vorbei. Die Zahl der Passanten in den grossen Bahnhöfen stagniert weiterhin weit unter dem Niveau vor Beginn der Krise. Im Bahnhof Tokio klagen die Ekiben-Händler über massive Umsatzeinbrüche von bis zu 40 Prozent.
Eine Lunchbox mit Spuckschutz
Awajiya, ein 1902 gegründete Obento-Hersteller aus Kobe, verzeichnete im April einen Umsatzrückgang von 90 Prozent. Das Traditionsunternehmen stellte dabei ein weiteres Problem fest. So erschwert die neue Gewohnheit, im Zug und Shinkansen ständig Maske zu tragen, die Freude am Ekiben und verändert ganz allgemein die Esskultur im Zug1. Awajiya ist nicht untätig geblieben2. Ab August wird das Unternehmen einige ihrer kulinarischen Spezialitäten in neuartigen Lunchboxen verkaufen3.
Diese lassen sich so öffnen, dass man die Box auf drei Seiten mit kleinen eingebauten Wänden abschirmen kann. Damit soll verhindert werden, dass sich Tröpfchen der essenden Person auf die Neben- und Vordersitze ausbreiten4. Hierzu hält man die Box während des Essens in einer Hand und führt sie möglichst nahe zum Gesicht. Mit den Stäbchen in der anderen Hand kann man anschliessend die Speisen diskret zu sich nehmen. Auf den Seitenwänden steht zudem für alle gut leserlich, dass es sich bei dieser Vorrichtung um einen Spuckschutz handelt5. Verziert wird der Text mit einem Bild des japanischen Fabelwesens Amabie, dessen Abbildung laut einer Legende die Menschen vor Seuchen bewahren soll (Asienspiegel berichtete).
- 様変わりする | samagawari suru | das Aussehen verändern ↩
- 工夫する | kufū suru | erfinden, ausdenken ↩
- 弁当箱 | bentōbako | die Lunchbox ↩
- 飛沫感染 | himatsu kansen | die Tröpfcheninfektion ↩
- 飛沫感染予防シールド | himatsukansenyobō shīrudo | eine Abschirmung zur Prävention einer Tröpfcheninfektion ↩
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