Der Atomausstieg wird salonfähig

Der Ausstieg aus der Atomenergie war für Japan bis zur Katastrophe in Fukushima nicht annähernd ein Thema. Zu stark war der Einfluss der Wirtschaft und Politik auf diese Frage.
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«Nach dem Ölschock der 1970er-Jahre erklärte die Regierung den Atomstrom zur nationalen Politik. Die Stromproduzenten verbreiteten mit riesigen Geldsummen ihre Propaganda, kauften die Medien und impften damit der Bevölkerung die Illusion der sicheren Atomenergie ein», brachte der renommierte japanische Schriftsteller Haruki Murakami in seiner Rede zur Katastrophe Japans Atompolitik auf den Punkt (Asienspiegel berichtete).
Japaner sagen Ja zum Ausstieg
Nach der schrecklichen Katastrophe von Fukushima scheint nun aber auch in der japanischen Bevölkerung langsam aber sicher ein Umdenken in Gang zu kommen. In einer landesweiten Umfrage der Asahi Shimbun haben 74 Prozent der Befragten Ja zu einer «schrittweisen Reduktion der Kernkraftwerke und eines Ausstiegs in der Zukunft» gesagt. Lediglich 14 Prozent lehnten diesen Vorschlag ab.
In einer weiteren Frage befürworten 37 Prozent der Befragten die Nutzung der Kernenergie, 60 Prozent von ihnen wollen aber dennoch einen stufenweisen Atomausstieg. 65 Prozent aller Befragten wären auch bereit die höheren Stromkosten der erneuerbaren Energien zu bezahlen. 1980 Personen machten bei der Umfrage mit.
Datsu Genpatsu, der japanische Begriff für Atomausstieg, wurde in den letzten Wochen in Japans Medien vermehrt behandelt. Gerade die Ausstiegsabsichten Deutschlands, der Schweiz oder Italiens Verzicht auf Kenernergie per Volksabstimmung verhallten auch in Japan nicht ungehört.
Fukushimas Gouverneur als Vorreiter
Aber nicht nur die Medien, auch in die Politik scheint Bewegung zu kommen. Yuhei Sato, der Gouverneur der Präfektur Fukushima, hat in diesem Zusammenhang eine Untersuchungskommission ins Leben gerufen, welche bis Juli die Grundprinzipien zum Aufbau einer von der Kernenergie unabhängigen Gesellschaft skizzieren soll.
Zwar hätten die Atomkraftwerke Fukushima 1 und 2 in der Vergangenheit rund 10’000 Menschen in der Präfektur beschäftigt und damit insgesamt 30’000 Menschen eine Existenz geboten. Auch seien dadurch lebenswichtige Subventionen in der Höhe von 269,4 Milliarden Yen (2,3 Milliarden Euro) in die Präfektur geflossen.
Doch mit der Katastrophe seien über 100’000 Menschen zur Flucht gezwungen worden. Die radioaktive Verstrahlung habe der lokalen Industrie- und Landwirtschaftsprodukte einen derart immensen finanziellen Schaden zugefügt, dass der Ausstieg heute unvermeidlich sei, so die Meinung der Kommission.
Die LDP bleibt konsequent
Nobuteru Ishihara, der Generalsekretär der grössten Oppositionspartei LDP, sieht die jetzige Entwicklung etwas skeptischer. Zwar verstehe er gefühlsmässig die nach seinen eigenen Worten um sich greifende «Gruppenhysterie» um den Atomausstieg nach dem verheerenden Unfall.
Es sei zwar einfach, gegen den Atomausstieg zu sein, doch es handle sich hier nicht um ein einfaches Problem, bei dem man einfach sagen kann, wir steigen von heute auf morgen aus, erklärte Ishihara seine Skepsis. Als langjährige Regierungspartei hatte die LDP die Atomkraft in den 1970er-Jahren zur nationalen Priorität erklärt.
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