Das Ende der 24-Stunden-Welt
Zu jeder Uhrzeit einkaufen und essen gehen, gehört zum Selbstverständnis des urbanen Japaners. Für die Aufrechterhaltung dieser 24-Stunden-Welt sorgen vornehmlich die Convenience Stores, einzelne Restaurants und vor allem eine ganze Reihe an Fastfood-Ketten im amerikanischen und japanischen Stil. Doch dieser Betrieb der ständigen Verfügbarkeit gerät allmählich ins Stocken.
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Der Grund dafür ist ein Land, das gerade einen tiefgreifenden Wandel erlebt. Die verbesserte Wirtschaftslage dank lockerer Geldpolitik, staatlicher Konkjunkturprogramme und Olympischer Spiele sowie die rasch voranschreitende schrumpfende Bevölkerungszahl sorgen derzeit für einen akuten Personalmangel in verschiedenen Branche (Asienspiegel berichtete).
Das Ende der billigen Arbeiter
Erstmals seit über zwanzig Jahren erlebt Japans Wirtschaft Konkurse von Firmen aufgrund von Personalmangel oder zu hoher Personalkosten (Asienspiegel berichtete). Für das Heer der Teilzeitarbeiter sind dies durchaus gute Nachrichten. Zum ersten Mal seit Jahren steigen ihre Löhne und ihre Aussichten auf eine Festanstellung (Asienspiegel berichtete).
Den Unternehmen bereitet diese Situation jedoch zunehmend Mühe. Gerade für die Restaurantketten wird es immer schwieriger, billige Teilzeitarbeiter für die anstrengenden Nachtschichten zu verpflichten. Das stellvertretende Beispiel dafür ist die japanische Fastfood-Kette Sukiya.
1834 ihrer 1981 Ableger waren bislang 24 Stunden geöffnet. Möglich war dies, indem während der Nachtstunden eine einzige Person den gesamten Laden von der Bedienung bis zur Küche führte, was man in Japan «One Ope» (für «One Operation») nennt. Die Folge waren Überschöpfung, Unzufriedenheit und ein Massenexodus der Belegschaft. Hinzu kam ein massiver Image-Verlust in der Öffentlichkeit (Asienspiegel berichtete).
Sukiya denkt um
Im Frühling mussten fast 200 Ableger von Sukiya kurzzeitig schliessen. Als Gründe dafür gab man Personalmangel und Umbauarbeiten an. In weiteren Läden wurden die Öffnungszeiten gekürzt (Asienspiegel berichtete). Sukiya versprach Besserung im Umgang mit den Angestellten. Fast ein halbes Jahr zieht die Fastfoodkette die Konsequenzen aus der erschwerten Lage auf dem Arbeitsmarkt.
In einer offiziellen Pressemitteilung hat sie angekündigt, dass ab 1. Oktober in 1167 Ablegern der 24-Stunden-Betrieb eingestellt werde. Das sind 60 Prozent aller Sukiya-Restaurants. Lediglich in 589 Ablegern hält das Unternehmen die Dienstleistung rund um die Uhr aufrecht. Ausserdem hat das Unternehmen versprochen, künftig mehrere Angestellte während der Nachtschicht zu beschäftigen.
Die Bemühungen der letzten Monate, weitere Angestellte zu finden, waren nicht von Erfolg gekrönt, wie die Sankei Shimbun berichtet. Sollte sich die Situation wieder verbessern, wolle man zurück zum durchgehenden Betrieb in den 1167 Ablegern, heisst es.
Überall spürbar
Sukiya ist aber lange nicht der einzige Gastronomiebetrieb, der sein Geschäftsmodell gegen seinen Willen umstellen muss. Auch die Kette Gyoza no Ohsho (Asienspiegel berichtete) hat in einigen Ablegern die Öffnungszeiten gekürzt. Selbst bei McDonald’s Japan ist dasselbe Phänomen zu erkennen.
Der Personalmangel zeigt seit längerem auch in der Bauindustrie und im Gesundheitswesen erste Auswirkungen (Asienspiegel berichtete). Die Regierung plant mit Kurzzeitvisa die Lücke in diesen beiden Branchen zu füllen (Asienspiegel berichtete).
Einzig die Convenience Stores halten am 24-Stunden-Betrieb bislang noch bedingungslos fest, wie die Asahi Shimbun berichtet. Die Minimärkte fürchten bei einer Kürzung der Öffnungszeiten um ihren Ruf. Es ist besonders diese Branche, die vom Image, zu jeder Uhrzeit geöffnet zu haben, lebt. Doch auch die Convenience Stores werden sich langfristig nicht der neuen Realität entziehen können.
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