Familienname oder Vorname zuerst? Japans Namensregel
Tarō Kōno. So schreibt sich der derzeitige japanische Aussenminister in lateinischer Schrift (Anm. das Längszeichen markiert, dass man den Vokal lang auszusprechen hat). Liest ein Mensch, der kein Japanisch beherrscht, diesen Namen, dann stellt sich gleich eine grosse Frage: Welcher ist der Vorname, welcher der Nachname? Die Antwort: Tarō ist der Vorname, Kōno der Nachname. Denn bislang galt die allgemein etablierte Regel, dass sich Japan dem englischen System anpasst, wonach der Vorname zuerst verwendet wird. In der japanischen Sprache gilt derweil die umgekehrte Regel. Der Familienname kommt konsequent zuerst. Der Vorname folgt an zweiter Stelle. Haruki Murakami ist in Japan also Murakami Haruki, Hayao Miyazaki ist Miyazaki Hayao.
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Familienname-Vorname: Zurück zur japanischen Tradition
Nun hat die japanische Regierung sich entschieden, zur japanischen Tradition zurückzukehren, aus Respekt vor der Vielfalt der Sprachen, wie es heisst. Erziehungsminister Masahiko Shibayama – oder besser gesagt Shibayama Masahiko – hat angekündigt, dass in sämtlichen offiziellen Regierungsdokumenten fortan die Familienname-Vorname-Reihenfolge verwenden wird. Damit wird umgesetzt, was Aussenminister Tarō Kōno im Mai dieses Jahres angedeutet hat (Asienspiegel berichtete). Dessen damalige Begründung war durchaus einleuchtend. Er verwies auf China und Korea, die auch auf Englisch ihre Familiennamen konsequent zuerst schreiben. So heisst es stets Präsident Xi Xinping und nicht Xinping Xi oder Präsident Moon Jae-in und Jae-in Moon.
Macht die Öffentlichkeit mit?
Bei dieser Umstellung stellt sich nun aber die alles entscheidende Frage, ob auch die Wirtschaftswelt, die Medien und ganz allgemein die Öffentlichkeit mitmachen werden? Denn bereits im Jahr 2000 empfahl ein Ausschuss des Erziehungsministeriums die Anwendung der traditionellen Reihenfolge beim Schreiben der japanischen Namen auf Englisch. Die Wirtschaft, die Akademie und die Medien ignorierten jedoch diese Vorgabe. Denn eine Umstellung wäre mit viel Aufwand verbunden. Alleine in der Wirtschaftswelt müssten für die Auslandsreisen Millionen von Visitenkarten umgeschrieben werden.
Ein kleiner Tipp: Familiennamen in Grossbuchstaben schreiben
Um Missverständnisse zu verhindern, hat sich übrigens ein einfaches ungeschriebenes Gesetz durchgesetzt: Man schreibt den Familiennamen ganz einfach in Grossbuchstaben, egal welche Reihenfolge man dabei anwendet. Ein Beispiel wäre: Tarō KŌNO (hier noch ein anderes Beispiel).
Familienname ist seit 1875 Pflicht
Bis zum Ende der Edo-Zeit 1868 trugen übrigens nur der Adel und die Kriegerklasse in Japan Familiennamen. Ab 1875 musste sich schliesslich jeder Japaner mit einem Familiennamen registrieren. Viele hatten schon lange inoffiziell einen Namen, andere mussten einen erfinden. Eine weitere Eigenheit ist die Vielfalt. So soll es rund 100‘000 verschiedene japanische Familiennamen geben (Asienspiegel berichtete). Zum Vergleich: In China sind schätzungsweise 3000 in Anwendung. In Korea etwas mehr als 280.
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