Das vorläufige Ende des Tourismus
Es ist eine Statistik, die das vorläufige Ende einer Branche verkündet. Um 93 Prozent sind die Besucherzahlen in Japan eingebrochen. Gerade noch 193’700 ausländische Gäste zählte das Land im März 2020. Nicht einmal nach dem AKW-Unfall von Fukushima verzeichnete man einen derartigen Einbruch. Damals waren es einen Monat nach der Katastrophe, im April 2011, immerhin noch 295’800 Besucher.
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Eigentlich rechnete man mit über 2 Millionen Touristen für diese Zeit, in der die Kirschbäume zu blühen beginnen. Die Covid-19-Krise hat jedoch sämtliche Pläne zunichtegemacht. Die Folgen sind schon jetzt spürbar, für viele kommt die Wirtschaftshilfe, die noch immer nicht verabschiedet wurde, zu spät.
Die Pleitewelle hat begonnen
So hat die Krise bereits im März zu ersten Insolvenzfällen in der Branche in Japan geführt (Asienspiegel berichtete). Diese beunruhigende Entwicklung hat nun an Tempo zugenommen. Die Website Hotelbank.jp ist zu einem Chronisten dieses Niedergangs geworden. Bis zum 15. April 2020 haben im ganzen Land bereits 16 Hotels und 15 Restaurants die Zahlungsfähigkeit erklärt. Auch Autovermieter, Busbetreiber, Reisebüros, Schiffsgesellschaften, Souvenirgeschäfte und Kimono-Verleiher findet man in dieser Liste.
Ryokan-Hotels in ländlichen Gegenden trifft es unmittelbarer. Selbst eine kurze Flaute kann sich hier kaum jemand erlauben. Die grossen Hotels in den Städten halten länger durch. Noch haben sie Reserven. Doch auch das könnte sich ändern. Selbst in Tokio berichten nun viele Hotels von einem fast vollständigen Einbruch der Übernachtungszahlen, wie Shigemi Sudo, Chef der Tokyo Hotels and Ryokans Association gegenüber der Tokyo Shimbun bestätigt. Dabei hatte die Branche hinsichtlich Tokyo 2020 noch viel in die Modernisierung und Erweiterung investiert. Es sei, als sei man vom Himmel in die Hölle geworfen worden.
Die düsteren Aussichten
Die Entwicklung ist noch nicht am Tiefpunkt angelangt. Der Negativtrend wird sich im April fortsetzen. Denn Japan hat inzwischen die Grenzen für die meisten Länder geschlossen. Der internationale Flugverkehr ist zum Erliegen gekommen. Eine von zwei Flugpisten im Flughafen Narita wurde ausser Betrieb genommen. Seit heute gilt zudem für den gesamten Inselstaat der Notstand, vorläufig bis zum 6. Mai 2020. Die Bitte, möglichst zu Hause zu bleiben, wird nun auch den inländischen Tourismus vollends zum Stillstand bringen.
Die Aussichten bleiben für dieses Jahr düster. Die Regierung hat versprochen, mit 1,7 Billionen Yen den Tourismus wieder anzukurbeln, doch erst, wenn die Epidemie ein Ende gefunden hat. Dies ist keine Krise im traditionellen Sinne, es ist das vorläufige Ende des Tourismus. Man hat die Branche auf Stand-by gestellt.
Die neuen Gästen
Aus diesem Grund erfinden sich viele Hotels in Japan neu. Die Behörden in Tokio und Osaka mieten inzwischen ganze Hotels, um Covid-19-Patienten mit keinen oder leichten Symptomen unterzubringen und damit Platz für Krankenhäuser zu schaffen (Asienspiegel berichtete). Andere Hotels versuchen sich, als gemütlichen und sicheren Arbeitsplatz während des Lockdowns anzubieten.
Ein Start-up plant derweil Hotels zu sicheren Rückzugsorten für Personen zu machen, die in Risikobranchen arbeiten und auf keinen Fall Familienmitglieder infizieren möchten. Bereits heute checken immer mehr Personen, die sich womöglich angesteckt haben und ihr Familien nicht gefährden möchten, auf eigenen Kosten im Hotel ein. Sie sind die neuen Gäste in Zeiten des Coronavirus.
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