Leeres Kyoto
Die alte Kaiserstadt Kyoto hat so viele Kulturschätze zu bieten wie kein anderer Ort in Japan. Das macht sie unwiderstehlich und vor allem krisenfest, so die bisherige Annahme. Jährlich kommen über 50 Millionen Besucher, darunter 33 Millionen Tagestouristen. Hier ging es nie darum, noch mehr Menschen anzulocken, ganz im Gegenteil. Mit Airbnb-Verboten, Besucherstau-Karten und einer Übernachtungssteuer versuchte die lokale Tourismusbehörde, den Overtourism aktiv zu bekämpfen.
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Der komplette Einbruch
Kyoto hat den Tourismus im Blut. So ahnte man hier schnell, dass die Corona-Krise kein gute Endes nehmen würde. Bereits Mitte Februar lancierte man in Arashiyama, wo der berühmte Bambuswald steht, verzweifelt eine Werbekampagne mit dem Slogan: «Suitemasu Arashiyama» – zu Deutsch «Leeres Arahisyama». Auf den Plakaten waren Bilder des berühmten Bambuswaldes oder der historischen Brücke Togetsukyō ohne eine Menschenseele zu sehen (siehe unten). Die Botschaft: Jetzt ist die Gelegenheit, Kyoto ohne Touristenmassen zu erleben.
Es nützte alles nichts, wie die nun publizierten Daten aus Kyoto offenbaren. Die Zahl der ausländischen Hotelgäste ist im März um 89,5 Prozent eingebrochen. Die Belegungsrate der 59 grössten Hotels, die 40 Prozent aller Betten in Kyoto abdecken, lag nur noch bei 30,3 Prozent. Denn auch die japanischen Übernachtungsgäste blieben im März aus. Ihre Zahl ging um 45,5 Prozent zurück. Im April folgte mit dem Covid-19-Notstand schliesslich der absolute Stillstand (Asienspiegel berichtete).
Die wichtigen ausländischen Gäste
Gegen eine solche Krise kann selbst Kyoto nichts ausrichten. Sie trifft die Stadt hart. Immerhin geben die Touristen hier jährlich umgerechnet über 11 Milliarden Euro aus. Dabei spielen die ausländischen Touristen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Denn 46,9 Prozent der Hotelgäste in Kyoto stammten vor der Corona-Krise nicht aus Japan. Sie blieben im Durchschnitt länger als die japanischen Besucher und gaben entsprechend viel Geld aus. Das aktuelle Einreiseverbot verhindert eine schnelle Rückkehr dieser wertvollen Klientel.
Kyoto wird diesen Sommer zunächst die japanischen Touristen zurückzugewinnen müssen, um den Schaden in Grenzen zu halten. Für die Japaner, die wegen des Overtourism der Stadt den Rücken kehrten (Asienspiegel berichtete), bietet sich nun eine einmalige Gelegenheit, Kyoto von einer Seite zu erleben, wie es die Werbekampagne «Suitemasu Arashiyama» prophezeite.
Im Sommer sollen die Touristen zurückkehren
Die japanische Regierung wird dabei helfen. Im verabschiedeten Hilfspaket hat sie umgerechnet 14 Milliarden Euro budgetiert, um dem inländischen Tourismus wieder auf die Beine zu helfen. «Go To Kampagne» nennt sich diese Aktion, mit der die Nachfrage stimuliert werden soll. Reisebüros, Hotels und touristische Geschäfte können dank dieses staatlichen Subventionsprogramms ab Ende Juli ihren Kunden Rabatte von bis zu 50 Prozent anbieten.
Übrigens ist dieses Vorgehen nichts Neues. Fukkōwari («Wiederaufbau-Rabatt») nannte man bislang dieses Angebot, mit dem Regionen nach Naturkatastrophen unkompliziert und zügig finanziell vom Staat unterstützt wurden (Asienspiegel berichtete). Das System kam beispielsweise nach dem Doppelerdbeben in Kyushu 2016 oder auch nach dem Erdbeben in Hokkaido 2018 erfolgreich zur Anwendung. Nun wird selbst Kyoto dieses Angebot dankend annehmen. Vor wenigen Monaten wäre ein solches Szenario noch undenkbar gewesen.
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